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Gedenkstunde zum 9. November

Sehr geehrter Frau Eva-Maria Bugger,
sehr geehrter Herr Friedrich Thul,
sehr geehrter Herr Bischof Dr. Helmut Dieser,
sehr geehrter Herr Dompropst Rolf-Peter Cremer,
sehr geehrter Herr Superintendent Hans-Peter Herr Bruckhoff,
sehr geehrter Herr Rabbiner Michael Jedwabny,
liebe Schülerinnen und Schüler,
sehr geehrte Anwesende,

85 Jahre nach der Zerstörung von Synagogen und jüdischen Geschäften sowie dem Tod und der Verhaftung tausender Juden in Deutschland und Österreich ist es wichtiger denn je, die Erinnerung an die Shoa weiter wachzuhalten.  In der Progromnacht, dem 9. November 1938, zertrümmerten SA- und SS-Schlägertrupps jüdische Geschäfte, mehr als 1.400 Synagogen wurden zerstört. Hunderte Jüdinnen und Juden wurden ermordet, tausende misshandelt oder verhaftet. Die Bevölkerung sah zu - oder auch weg. Wenige beteiligten sich an den Ausschreitungen, allerdings halfen auch nur wenige den jüdischen Nachbarn. Heute ist jüdisches Leben noch immer gefährdet. Es wird nicht von allen Menschen als selbstverständlicher Teil der Gesellschaft akzeptiert.

Seit dem Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 ist nichts mehr, wie es war. Noch nie seit dem Ende der Shoa wurden so viele Jüdinnen und Juden ermordet. Wir trauern um die Opfer. Der Terror trifft viele unschuldige Menschen im Gazastreifen, deren Interessen die Hamas nur vorgibt zu vertreten. Es sind die Terroristen, die Gaza in einen zerstörerischen, militärischen Krieg führen möchten. Einen Krieg, von dem wir alle fürchten, dass er zum regionalen Flächenbrand werden könnte. Alles muss versucht werden, um das zu verhindern.

Wir hier in Deutschland müssen nun besonders wachsam sein. Wir müssen das jüdische Leben hier vor Ort schützen und uns stark und entschlossen gegen jede Form von Antisemitismus und Israelhass stellen. Wir können es nicht dulden, wenn auf offener Straße versucht wird, die brutalen Attacken auf Israel auch noch zu feiern. Wer diesen Terror bejubelt, der entwürdigt nicht nur die Opfer, der tritt auch die Menschenwürde mit Füßen. Es ist unerträglich, dass Jüdinnen und Juden heute wieder in Angst leben – ausgerechnet in unserem Land. Wir alle sind gefordert. Antisemitismus ist ein Angriff auf uns alle.

Deshalb stehe ich voll und ganz hinter der Resolution gegen Antisemitismus, die alle Fraktionen im Rat der Stadt Aachen gestern gemeinsam verabschiedet hat. Sie sendet eine klare Botschaft: „Wir verurteilen auf das Schärfste jegliche Form von antizionistischem und israelfeindlichem Antisemitismus und bekunden unsere uneingeschränkte Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft in unserer Stadt und darüber hinaus.“ Jeder Vorfall von Antisemitismus soll sorgfältig untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Darüber hinaus rufen die Fraktionen zu verstärkten Bildungs- und Aufklärungsmaßnahmen auf, um Vorurteile abzubauen und das Verständnis für die jüdische Geschichte und Kultur zu fördern.

Antisemitismus ist die rote Linie: Wir dürfen keinen Antisemitismus dulden – keinen alten und keinen neuen.  Und wir dürfen keinen Israel-Hass auf unseren Straßen zulassen. Der Kampf gegen Antisemitismus in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen bleibt eine Aufgabe jedes Einzelnen von uns. Unsere Demokratie, meine Damen und Herren, unterscheidet nicht nach Herkunft, Erfahrung und Religion. Jeder, der hier lebt, muss Auschwitz kennen und die Verantwortung begreifen, die daraus für unser Land erwächst. Wir sollen uns erinnern und wir wollen uns erinnern. Jede Generation muss sich aufs Neue mit diesem Kapitel der deutschen Geschichte auseinandersetzen, um aus der Vergangenheit zu lernen.

Das jüdische Leben, das nach dem Menschheitsverbrechen der Shoa in unserem Land wieder gewachsen ist, wollen wir bewahren und schützen. Ich wünsche mir, dass viele Menschen darüber nachdenken, wie wir uns gegenüber den Nachbarn, den sozial Schwachen, den Flüchtlingen in unserem Land, den Andersgläubigen, den anders Aussehenden gegenüber verhalten.

Wir leben in einer Demokratie, die Versammlungs- und Meinungsfreiheit sind ein hohes Gut. Aber Gewalt setzt unseren Freiheiten Grenzen. Antisemitische Volksverhetzung, Attacken auf jüdische Synagogen, Angriffe auf Polizisten sind keine Wahrnehmung von Freiheit. Es sind Straftaten. Wir sind eine vielfältige und weltoffene Stadt – und wir wollen es bleiben.

Seien wir uns einig für ein friedliches, respektvolles Zusammenleben. Zeigen wir, dass in Aachen Menschen mit jüdischen, christlichen, muslimischen Wurzeln friedlich zusammenleben können und das auch wollen!

„Nie wieder jetzt“!