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Das Archivale des Monats Juli 2022 …

  • … zeigt die Titelseite eines vierseitigen Sonderdrucks) mit dem „einzig [vollständigen] Sitzungsbericht nach der Verhandlung vor dem Schwurgerichte zu Aachen“ am 4. Juli 1882 aufgrund eines Totschlags in Eilendorf.
  • Das Verbrechen sorgte im Raum Aachen für großes Aufsehen, der Prozess wurde von der Öffentlichkeit mit großer Spannung erwartet. Von Mord war die Rede.
  • Der Prozess gegen die beiden Eilendorfer fand wegen der Schwere der Straftat am 4. Juli 1882 vor der Strafkammer des Aachener Landgerichts, dem so genannten Schwurgericht, statt.

Das Aachener Stadtarchiv zeigt aus seinen Magazinen regelmäßig interessante Stücke als Archivale des Monats. Das Stück mit einem kurzen Begleittext wird in einem Schaukasten im Foyer des Stadtarchivs am Reichsweg sowie digital auf der Homepage des Archivs präsentiert. Das Archivale des Monats Juli 2022 zeigt die Titelseite eines vierseitigen Sonderdrucks) mit dem „einzig [vollständigen] Sitzungsbericht nach der Verhandlung vor dem Schwurgerichte zu Aachen“ am 4. Juli 1882 aufgrund eines Totschlags in Eilendorf.

Am 12. Dezember 1881 wurde der 46-jährige verheiratete Gerichtsvollzieher Arnold Johann Vinhoven, wohnhaft am Seilgraben 26, in Eilendorf getötet. Das Verbrechen sorgte im Raum Aachen für großes Aufsehen, der Prozess wurde von der Öffentlichkeit mit großer Spannung erwartet. Von Mord war die Rede. Anklage wegen Totschlags wurde erhoben gegen den 33-jährigen, ebenfalls verheirateten Steinbrecher Jakob Kaußen, sowie den 30-jährigen, ledigen Fabrikarbeiter Johann Joseph Jordans. Die Angeklagten waren vorbestraft und als gewalttätig bekannt.

Prozess vor dem Schwurgericht
Der Prozess gegen die beiden Eilendorfer fand wegen der Schwere der Straftat am 4. Juli 1882 vor der Strafkammer des Aachener Landgerichts, dem so genannten Schwurgericht, statt. Diese Kammern gab es seit 1879; Recht sprachen hier zwölf Geschworene und drei Berufsrichter. Den Angeklagten wurde vorgeworfen, „zu Eilendorf den Gerichtsvollzieher Vinhoven gemeinschaftlich vorsätzlich getödtet zu haben.“ In dem Bericht werden die Aussagen der Angeklagten, von Zeugen und Sachverständigen zum Teil wörtlich wiedergegeben.

Zugetragen hatte sich Folgendes: Die beiden Angeklagten Kaußen und Jordans waren dem Gerichtsvollzieher Vinhoven auf dessen Weg von Stolberg nach Eilendorf an der Buschmühle begegnet. Beide waren angetrunken. Es bleibt nach den Zeugenaussagen unklar, ob Vinhoven die beiden nach dem Weg zum Lambertz-Hof in Eilendorf frug oder ob die Angeklagten sich das spätere Opfer ausgeguckt hatten und ihn ansprachen. Jedenfalls begleiteten sie Vinhoven und unterhielten sich zunächst friedlich mit ihm. Als sie versuchten, ihn zum Besuch einer Wirtschaft zu überreden, lehnte Vinhoven ab.

Handgemenge
Von nun an war die Atmosphäre wohl angespannt. Beim Lambertz-Hof angekommen, eskalierte der Streit – die Angeklagten sagten aus, Vinhoven habe sie beschimpft, Zeugen sprechen von einer Bedrohung Vinhovens durch Kaußen und Jordans. Vinhoven bot beiden Gelder an, wenn sie ihn nur in Ruhe ließen. Dies half aber nichts: Jordans bedrohte Vinhoven mit einem Stein, dieser zog daraufhin einen Revolver. Wie es zu dem anschließenden Handgemenge kam, ist anhand der Aussagen nicht eindeutig nachvollziehbar. Die Angeklagten schlugen jedenfalls mit Fäusten und einem Stock auf Vinhoven ein, Kaußen entriss ihm die Waffe. Ein zufällig passierender Fuhrmann trat hinzu und versuchte zu schlichten.

Plötzlich fiel ein Schuss – ob absichtlich oder unabsichtlich bleibt unklar.

Vinhoven wurde von Kaußen im rechten Bauchraum unterhalb der letzten Rippe getroffen, er kam am späten Abend ins Mariahilf-Hospital nach Aachen. Dort öffnete der Oberarzt Dr. Riedel den Bauchraum des Patienten. Er sagte aus: „Die Kugel war durch den Dünndarm gegangen und die Verletzung absolut tödlich, da Speiseüberreste in Menge ausgetreten waren.“ Vinhoven verstarb am 13. Dezember 1881 um fünf Uhr morgens.

Entscheidung der Geschworenen
Die Geschworenen mussten nun entscheiden, ob ein gemeinschaftlicher Totschlag vorlag oder ob es sich bei der Tat um eine Körperverletzung handelte, die letztlich zum Tod Vinhovens geführt hatte. Nach den Plädoyers des Staatsanwalts und der Anwälte entschieden die Geschworenen bei Kaußen auf tödliche Körperverletzung und bei Jordans, der nicht geschossen hatte, auf vorsätzliche Körperverletzung. Kaußen wurde zu acht Jahren Zuchthaus, Jordans zu vier Jahren Gefängnis verurteilt.