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Das Archivale des Monats Februar 2021

  • … zeigt die erste Seite des gedruckten Protokolls der ersten Sitzung der von der britischen Militärregierung ernannten Stadtvertretung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vom 5. Februar 1946.
  • Bei der Zusammensetzung hatte die Militärregierung versucht, alle politischen Interessen zu berücksichtigen; neben drei Hausfrauen waren Arbeiter, Angestellte, Unternehmer, Kaufleute, Handwerker und Handwerksmeister, aber auch Akademiker und Landwirte vertreten.
  • Oberstleutnant G. F. Parrott, seit Juni 1945 britischer Kreis-Resident-Officer für den Stadtkreis, betonte in seiner Ansprache die große Verantworten der Anwesenden: „…denn dies ist die erste Phase einer eigenen demokratischen und freien Regierung für Deutschland; auf Ihnen ruht die Verantwortung und Hoffnung für die Zukunft, Sie dürfen bei diesem höchst bedeutsamen Schritt vorwärts nicht versagen.“
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Das Aachener Stadtarchiv zeigt aus seinen Magazinen regelmäßig interessante Stücke als Archivale des Monats. Das Stück mit einem kurzen Begleittext wird in einem Schaukasten im Foyer des Stadtarchivs am Reichsweg sowie digital auf der Homepage des Archivs präsentiert. Das Archivale des Monats zeigt im Februar 2021 die erste Seite des gedruckten Protokolls der ersten Sitzung der Stadtvertretung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vom 5. Februar 1946.

Ludwig Kuhnen wird in sein Amt eingeführt
An diesem Tag trat die von der britischen Militärregierung ernannte Stadtvertretung im Sitzungssaal der Handwerkskammer in der Couvenstraße erstmals zusammen. In der Sitzung wurde Ludwig Kuhnen, der am 1. Februar von der britischen Militärregierung zum ehrenamtlichen Oberbürgermeister ernannt worden war, in sein Amt eingeführt. Kuhnen, geboren im rheinländischen Kempen und von Beruf Journalist, war 1918 Mitglied im Aachener Arbeiter- und Soldatenrat, wurde Gewerkschafter und Sozialdemokrat und war von Juli 1920 bis Oktober 1932 gewählter besoldeter Beigeordneter der Stadt Aachen. Nach dem Krieg war Kuhnen vor seiner Ernennung zum Oberbürgermeister erneut zum Beigeordneten bestimmt worden, zusätzlich wurde ihm die Leitung des Ernährungs- und Wirtschaftsamtes sowie des Amtes für Wirtschaftskonzessionen (seit 02.11.1945) übertragen.

Alle politischen Interessen wurden berücksichtigt
Die ernannte Stadtvertretung bestand am Tag ihres Zusammentritts aus Kuhnen als Vorsitzendem, dazu kamen 41 ernannte Mitglieder und acht Angehörige der Stadtverwaltung. Bei der Zusammensetzung hatte die Militärregierung versucht, alle politischen Interessen zu berücksichtigen; neben drei Hausfrauen waren Arbeiter, Angestellte, Unternehmer, Kaufleute, Handwerker und Handwerksmeister, aber auch Akademiker und Landwirte vertreten.

Die Sitzung eröffnete Oberstleutnant G. F. Parrott, seit Juni 1945 britischer Kreis-Resident-Officer für den Stadtkreis, der sich mit einer Ansprache an die Anwesenden wandte. Er betonte: „… einzeln vertreten Sie verschiedene Parteien, Organisationen und Interessen innerhalb der Bürgerschaft Aachens, gemeinsam werden Sie die kommunale Verwaltungskörperschaft bilden; eine große Verantwortung liegt vor Ihnen, denn dies ist die erste Phase einer eigenen demokratischen und freien Regierung für Deutschland; auf Ihnen ruht die Verantwortung und Hoffnung für die Zukunft, Sie dürfen bei diesem höchst bedeutsamen Schritt vorwärts nicht versagen.“

Rahmenbedingungen für die neue Satzung Aachens
Auch kündigte er Wahlen an - die erste Wahl der Stadtvertretung fand am 13. Oktober 1946 statt -, vorsorglich wurden die Stadtvertreter aber für drei Jahre ernannt. Auch gab Parrott der Stadtvertretung grundlegende organisatorische Rahmenbedingungen an die Hand, die von der Militärregierung vorgegeben worden waren und in die neue Satzung der Stadt Aachen einfließen mussten, die am 19. Februar 1946 verabschiedet werden sollte.

„Ratsherr Frau Pascher“
In dieser ersten Sitzung folgten Ansprachen von Oberbürgermeister Kuhnen und Regierungspräsident Ludwig Philipp Lude, gefolgt von Ansprachen der Ratsherren und Ratsdamen - im damaligen Duktus des Protokolls mit zum Beispiel „Ratsherr Frau Pascher“ benannt. Oberbürgermeister Kuhnen appellierte in seiner Rede an die Versammlung, den Blick nach vorne zu richten, ohne die Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft zu vergessen: „Ferner eine dringende Mahnung an die Frauen und Mütter: Erzieht Eure Kinder im Geiste des Friedens und der Völkerversöhnung. Helft mit ausrotten, was eine verkehrte und verbohrte Diktatur und Führerschicht in die Herzen der Kinder eingepflanzt hat. … Die Gangster eines Nationalsozialismus, die sich in großsprecherischer Weise ‚Führer des deutschen Volkes‘ schimpften, haben uns so oft erklärt, daß sie uns die Ehre und die Freiheit bringen wollten; in Wahrheit haben sie uns beides geraubt.“