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April 2016

Dr. René Rohrkamp, Leiter des Stadtarchivs, und Walter Köth, Leiter der Nadelfabrik, präsentieren im historischen Treppenhaus der Nadelfabrik die Archivalie des Monats April 2016.  © Nadine Jungblut
Dr. René Rohrkamp, Leiter des Stadtarchivs, und Walter Köth, Leiter der Nadelfabrik, präsentieren im historischen Treppenhaus der Nadelfabrik die Archivalie des Monats April 2016. © Stadt Aachen/Nadine Jungblut

„Vom Reichsweg in die ganze Welt – Rheinische Nadelfabriken“ – so lautet der Titel der Archivalie im April 2016. Die Rheinischen Nadelfabriken aus Aachen waren Anfang der 1920er-Jahre die größten Nadelhersteller der Welt. Die Archivalie zeigt den von der städtischen Baupolizei geprüften Entwurfsplan des Gebäudes am Reichsweg 30 von Prof. Josef Pirlet vom 22. Juli 1924. Der Prüfvermerk der Bauverwaltung stammt vom 6. August 1924. Der Bau dieses prachtvollen Verwaltungsgebäudes der Rheinischen Nadelfabriken bildete den vorläufigen Abschluss des Konzentrationsprozesses der Maschinennadelproduktion am Reichsweg.

Die Archivalie des Monats April 2016 steht in engem Zusammenhang mit dem alle zwei Jahre stattfindenden Tag der Offenen Tür in der Nadelfabrik am 24. April, in der seit 2012 auch das Aachener Stadtarchiv seinen Sitz hat.

© Peter Hinschläger
Die Archivalie zeigt den von der städtischen Baupolizei geprüften Entwurfsplan des Gebäudes am Reichsweg 30 von Prof. Josef Pirlet vom 22. Juli 1924. © Stadt Aachen/Peter Hinschläger

Hintergrundinfos
Die Rheinischen Nadelfabriken aus Aachen waren Anfang der 1920er-Jahre die größten Nadelhersteller der Welt. Im Jahr 1898 als Aktiengesellschaft hervorgegangen aus der Firma H. F. Neuss, einer der Firmen der Aachener Nadeldynastie Neuss, verliefen die Geschäfte zunächst schleppend.

Nach unternehmerisch nicht immer einfachen Anfangsjahren, u. a. hatte sich eine Investition in eine Mönchengladbacher Motorfahrzeugfabrik als Fehler erwiesen, traf das Unternehmen 1911 ein weiterer Schlag: Überraschend starb der Vorstandsvorsitzende Alfred Flamm. Rheinnadel hatte nun ein Problem: Es gab in Aachen niemanden, der das Unternehmen leiten konnte und nicht selbst schon Inhaber einer Nadelfabrik war.

Aus den vorhandenen Kandidaten rückte bald der aus einer Altenaer Nadelfabrikantenfamilie stammende Walther Hesse in den Fokus des von den Banken dominierten Aufsichtsrates. Hesse hatte 1905 im Alter von 22 Jahren die in Konkurs gegangene Nadelfabrik Stephan von Moers am Reichsweg ersteigert. Mit guten Ideen und Tatkraft leistete er am Reichsweg gute Arbeit und vergrößerte und modernisierte seine Firma mit der Zeit. Nach intensiven Verhandlungen konnte er für den Vorstandsposten von Rheinnadel gewonnen werden.

Hesse hatte sich zusichern lassen, dass er seine Fabrik am Reichsweg behalten durfte. Auch erwarb er mit Zustimmung und Unterstützung des Aufsichtsrates die Aktienmehrheit an den Rheinischen Nadelfabriken und wurde ihr alleiniger Vorstandsvorsitzender. Mit Hesse, der die Rheinischen Nadelfabriken bis 1955 führte, kam der Erfolg: Er entwickelte die Rheinischen Nadelfabriken zu einem prosperierenden und ständig expandierenden Unternehmen, das bis 1939 auf 14 Unternehmensbereiche anwuchs. Am Reichsweg arbeiteten zeitweilig bis zu 2.000 Menschen.

Um die Produktion möglichst effizient zu gestalten, wurden die im Laufe der Zeit durch Fusionen und Zukäufe hinzugekommenen Standorte, an denen nach den Übernahmen zunächst weiterproduziert worden war, am Reichsweg zentralisiert. Grundstücksankäufe rund um Hesses ursprüngliches Gelände hatten das möglich gemacht. Im Jahr 1955 verkaufte Walther Hesse die Firma an die Brüder Herbert und Horst Pavel.

Im Zuge der Globalisierung verloren auch die Rheinischen Nadelfabriken immer mehr Marktanteile im Bereich der Nadelproduktion. Die Maschinennadelproduktion am Reichsweg wurde 2004 eingestellt. Das Unternehmen besteht aber bis heute fort: Die Rhein-Nadel Automation GmbH stellt Zuführsysteme für die Industrie her.

Die Archivalie des Monats zeigt den von der städtischen Baupolizei geprüften Entwurfsplan von Prof. Josef Pirlet vom 22. Juli 1924 im Maßstab 1:100. Der Prüfvermerk der Bauverwaltung stammt vom 6. August 1924. Der Bau des prachtvollen Verwaltungsgebäudes der Rheinischen Nadelfabriken bildete den vorläufigen Abschluss des Konzentrationsprozesses am Reichsweg. Oben links in Rot ist „Akte“ zu lesen, die Verfügung des Stücks zu den Akten durch einen Sachbearbeiter der Baupolizei-Verwaltung.

Nach einigen Jahren des Leerstands wurde aus dem Pirlet-Bau und den alten Produktionsgebäuden die heutige Nadelfabrik, seit 2012 u. a. Sitz des Stadtarchivs. Am 24. April veranstaltet die Nadelfabrik ihren alle zwei Jahre stattfindenden Tag der offenen Tür, zu dem auch das Team des Stadtarchivs herzlich einlädt!