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Inhalt



Historie

Historie

Auszüge aus den Beiträgen von Peter Hermann Loosen, Matthias Stevens und Otto Trebels zur Festschrift anläßlich des 75-jährigen Bestehens der Bühne im Jahr 1996, sowie Ergänzungen für die Folgejahre.

Vorgeschichte:

Die ältesten Zeugnisse des Aachener Puppenspiels stammen aus den Jahren 1770 - 1780, doch ist aus Urkunden zu ersehen, dass schon bedeutend früher in Aachen ein Puppenspiel bestanden hat. Wie überall in Deutschland findet auch in Aachen das Puppenspiel nicht gleich den richtigen Weg in die närrische Welt, wo es eigentlich zu Hause ist. Der Umweg geht über Spiele geistlichen Inhaltes, die dem Puppentheater für Jahrhunderte den Namen “Krippenspiel” oder “Krepche” geben. Welchen Anklang das Puppentheater in seinen mannigfaltigen Formen, sei es als Wanderbühne, sei es als bodenständiges, berufsmäßiges Spiel, sei es als Privatbühne, im Volke gefunden hat, zeigt eine Fülle von Sprachresten der Aachener Mundart: “Met enge Krepehännesje speäle” (einem zum Narren halten, auch wohl: nicht viel Federlesens mit einem machen), “Do es et rechtig Krepche bejeä” (da ist eine saubere Gesellschaft beisammen). “Doe sönd de Poppen an et danze!” (da ist allerlei los), “Ene Schelm ejjene Mau han” (ein Witzbold sein). Für Krepche gibt Prof. Rovenhagen in seinem “Wörterbuch der Aachener Mundart” als hochdeutsche Bedeutung an: 1. Weihnachtskrippe, 2. Puppenspiel, 3. Scherz, Spaß, 4. Hansnarr. An Schimpfnamen haben sich erhalten: “jecke Marionett”, “Hanswoesch” (nach dem Nürnberger Puppenhelden Hanswurst), “Hannskasper” (nach dem Münchener Hannskasper oder dem mitteldeutschen Kasperl), “Deä es stabeljeck!” (nach dem Wiener Staberl), “Jampetaatsch” (nach dem französischen Jean Potage), “Aapeklössje” (nach dem holländischen Puppenhelden Jan Klaasje). Alle diese Sprachreste zeigen, dass aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands und der Nachbarländer Puppenspieler nach Aachen kamen und hier ihre Künste zeigten, und daß die Bevölkerung regen Anteil an ihnen genommen hat.

Gründer:

Eigentlich hat das Öcher Schängche“, der Aachener Puppenheld, gleich fünf Väter, was an sich ganz seiner absonderlichen Art entspricht - einer dieser ”Väter“ aber war Schängchens eigentlicher geistiger Urheber: Prof. Dr. Will Hermanns, der bekannter Aachener Heimatdichter. Er hat ihm seinen Namen gegeben, seine Sprache und vor allem: er hat durch seine kunstvollen Heimatspiele Schängchen zu seinen Taten verhoffen, durch die es bei jung und alt in Aachen beliebt geworden ist. Drei von ihnen, ein Bildhauer (Alfred Pieper), ein Maler (Willi Kohl) und der Dichter Will Hermanns, waren durch das Gastspiel der süddeutschen Puppenbühne Ivo Puhonny, im Neuen Kurhaus angeregt worden, dem kulturellen Leben Aachens durch Gründung eines künstlerischen Puppentheaters neues Blut zuzuführen.

Will Hermanns gibt dazu eine lustige: ”Zum Direktor des Unternehmens ernannte sich Pieper, der Bildhauer; er versprach, nicht nur das Kapital zu beschaffen, sondern auch die Bühne zu bauen und als erster Sprecher zu fungieren. Kohl, der Maler erwies sich bald als zu expressionistisch eigenwillig in Bezug auf das Bühnenbild, verursachte auch bei gelegentlichem Mitspielen dem künstlerischen Leiter herzbeklemmende Stunden, und bald schied er aus dem “Puppenvätertrio” aus. Dr. Will Hermanns war die Aufgabe zugefallen, das gewünschte lokalhistorische Puppenspiel zu verfassen. So entstand als erstes: “Der Teufel in Aachen”. Den lustigen Haupthelden und typischen Vertreter des Aachener Domgrafentums nannte Herrmanns “Schängchen”, weil die meisten seiner Vettern im übrigen Reich und jenseits der Grenze auf den Namen Hans hörten vom Wiener Hans Staberl bis zum französischen Jean Potage, zum holländischen Jan Klaasje und zum Kölner Hänneschen. Bei dieser Namensgebung fanden sich gleich eine Reihe “wohlwollender Kritiker”. Sie fanden es “befremdend”, daß ein “aus der französischen Zeit stammender Name” für den Öcher Jong gewählt worden sei.

Zur gleichen Zeit wie Hermanns, Pieper und Kohl hatte der Dekorateur Hein Lentzen mit seinem Schwager, dem Ingenieur J. Lausberg, den Bau einer Puppenbühne begonnen. Auf der Suche nach einem Saale trafen die beiden “Unternehmen” zusammen und beschlossen, gemeinsame Sache zu machen. Von der ursprünglichen Absicht, die süddeutsche Marionette Ivo Punhonnys als Darstellerin künftiger Puppendramen zu wählen, kam man bald ab, und man entschied sich für die im Rheinland bodenständige derbe Stabpuppe. Der Bildhauer Pieper schnitzte die Puppen, der Dekorateur Lentzen sorgte für die Bühnenausstattung, und der Ingenieur Lausberg übernahm die technische Einrichtung des gesamten Theaters, die technische Ausrüstung der Puppen und die Darstellung der Figur des Schängchens, der er soviel an eigenem Mutterwitz und nie versagender Schlagfertigkeit mitzugeben gewusst hat, dass sie in kurzer Zeit zu lebendiger Volkstümlichkeit gedieh.

Erste Vorstellung:

Am Mittwoch, dem 4. Mai 1921, spielten die “Aachener Marionettenspiele” (wie das Unternehmen zuerst genannt wurde) vor geladenen Gästen zum ersten Male das “Große historische Puppenspiel mit Gesang, Tanz und Keilerei: DER TEUFEL IN AACHEN oder Et Schängche köllt (betrügt) der Krippekratz (Teufel)” von Will Hermanns. Vorher wurde in einem kleinen Bühnenweihfestspiel: “Öcher Klöpp än Kölsche Knuuze” (Der Wettstreit) das Kölner Hänneschen aus dem Felde geschlagen. Der Erfolg war groß. Die Heimatpresse begrüßte einstimmig die Wiederbelebung der alten, kindhaften Vokkunst als “eine wertvolle Unterstützung der Jugenderziehung und eine kräfte Förderung gesunder heimischer Wesensart”. An den nun folgenden Tagen, Wochen und Monaten drängen sich die Aachener*innen in Scharen zur Kasse des neuen Theaters in der Hartmannstraße. Will Hermanns legt in Wort und Schrift die Ziele des Aachener Puppenspiels dar: “Wir wollen Kunst bringen und wollen es mit Hilfe des volkstümlichen Puppenspiels!”.

Die Kunst der Puppenbühne ist nach Hermanns Worten “ein eigener Stil, mit anderen Zielsetzungen und anderen Mitteln als die Kunst der großen Bühne, ebenso etwa wie in der Malerei der Holzschnitt gegenüber dem Ölbild”.

Die Aachener Marionettenspiele sollen, das ist Hermanns Programm, echte, volkstümliche Kunst bringen. Im Dezember 1921 verläßt der “erste” Spielleiter, Franz Heller, die “Marionettenspiele” und gründet eine “Wanderkunstpuppenbühne”. Die ersten beiden Jahre, 1921 und 1922, sind für die “Marionettenspiele” in der Hartmannstraße ein großer Erfolg. “Der Teufel in Aachen”, “Die drei Wünsche”, “Die Trinkerkur”, “Genoveva”, “Don Juan” und “Der Schmied von Aachen” werden von Will Hermanns aufgeführt, dazu von A. Kocks: “Der Glockenguß zu Aachen”. Die Heimatsage und Heimatgeschichte wird wieder lebendig, und die Presse ist der beste Bundesgenosse Schängchens. Fast jede Vorstellung ist ausverkauft. Da kommt der erste große Schlag für den Öcher Jong. Am 27. Januar 1922 steht es in allen Aachener Zeitungen zu lesen: Die Gaststätte “Maus”, das Spiellokal, ist baupolizeilich ungeeignet. Was ist geschehen? Die bisherige Bühne genügt nicht den “baupolizeilichen Anforderungen”, und so muss sie “auf obrigkeitlichen Befehl” ihre Türen schließen. Schängchen ist obdachlos!

1922

Im März 1922 findet Schängchen im früheren Gasthof “Sankt Martin”, Alexanderstraße 6, an der Hotmannspief (Hauptmannsbrunnen) ein neues und schöneres Heim. Der Spielplan beginnt mit dem “Schmied von Aachen”. Im Jahr 1923 erscheinen: “Die Wurmhexen” „Schängche als Heiratsvermittler“, ”Dr. Faust's Höllenfahrt“, alle von Will Hermanns. Das Bühnenbild ist in seiner Einfachheit doch künstlerisch. In den folgenden Monaten entstehen noch die mehrer Spiele. Der Grundstein für zukünftige fruchtbringende Erziehungsarbeit ist gelegt. Da ziehen sich neue Wolken über dem Puppenhimmel zusammen. Innere Zwistigkeiten in der Leitung des Puppentheaters führen zum Ausscheiden des beliebten und unnachahmlichen Schängchendarstellers J. Lausberg aus der Reihe der Spielenden.

1923

Ende des Jahres 1923 übernimmt Hein Janssen die literarische Leitung des Puppentheaters ”Schängchen an der Hotmannspief“. Das Stück ”Der Barong Flöckmösch“ ist sein erstes Werk an diesem Theater, ein Stück, das schon vor mehreren Jahren als Personenspiel aufgeführt wurde.

1924

Im Frühjahr 1924 verlässt auch Pieper die ”Rumpfleitung“ des alten Unternehmens und gründet die ”Rheinischen Marionettenspiele“, die aber bald das Schicksal der Hellerschen ”Wanderkunst-Puppenbühne“ teilen müssen.

Das Jahr 1924 sieht die ”Blüte“ des Aachener Puppenspieleifers. Im August eröffnet Will Hermanns die ”Aachener Kammer-Puppenspiele“, deren Leitung der alte Schängchenspieler J. Lausberg übernimmt. Aachen hat nun drei Puppentheater. Von den Herren Lentzen, Lausberg und Pieper, mit denen Will Hermanns 1921 die ”Aachener Marionettenspiele“ gründete, hat jeder sein eigenes. In der Folgezeit erweitert Hermanns seinen Spielplan mehr und mehr. Die Jahrtausendfeier der deutschen Rheinlande eröffnet sein Schängchen als Vertreter des Aachener Volkstums durch einen festlichen Heimatabend, auf dem das historische Puppenspiel ”Kaiser Karls Heimkehr“ aufgeführt wird.

1925

Im Mai 1925 gehen die Aachener Kammer-Puppenspiele in den Besitz des Bühnenvolksbundes über. Will Hermanns glaubt mit diesem Schritt sein Schängchen in sicherer Hut. Noch manches Stück wird für diese Puppenbühne erdacht. Dann kam auch hier das Ende. Am 5. Geburtstag Schängchens, am 4. Mai 1926, sagte Hermanns in einem Vortrag: ”Die Aachener Kammer-Puppenspiele haben bis auf bessere Zeiten ihre Tore geschlossen.“ Währenddessen hat das ”Schängchen an der Hotmannspief“ unter der Leitung von Hein Lentzen und der literarischen Betreuung durch Heinz Janssen viele Erfolge, aber auch großen Kummer. Neben Janssens Spielen waren einige von Horbach, Holzmann und Dithmar auf dem Spielplan. Von der Begeisterung im Volk für die liebenswerte Kleinkunst angespornt, dichteten die Freunde Prof. Peter Mennicken und Otto Foulon unter dem Pseudonym ”Peter Walker“ ein vielbeachtetes Heimatspiel ”De Prente än der jrueße Stadtbrank va 1656“.

1933

Mit dem Tode Hein Lentzens 1933 werden die Schwierigkeiten noch größer. Frau Lentzen übernimmt die Leitung und hält unter den größten Opfern mit ihren Helfern das Unternehmen aufrecht.

1935

Am 1. Oktober 1935 begann für die Puppenbühne unter der künstlerischen Leitung von Will Hermanns und der Mitwirkung des Ehepaares Peter Hermann und Hanna Loosen, das der kleinen Bühne mehr als 25 Jahre lang wertvolle Impulse gab, eine neue zukunftsversprechende Ära.
Die ”Honorierung“ der acht Spielkräfte wurde aus den Einnahmen der Vorstellungen bestritten. Die geringen Beträge wurden gleichmäßig unter ihnen aufgeteilt. Was sich dabei ergab, waren keine Geheimnisse. Der Weiße Saal im Alten Kurhaus hatte 100 Sitzplätze. Die Eintrittspreise betrugen 0,40 DM für Erwachsene und 0,20 DM für Kinder. Gespielt wurde mittwochnachmittags, samstagsabends, sonntagsnachmittags und -abends (bei großem Andrang wurde sonntagnachmittags eine Vorstellung eingeschoben). Die Spiele dauerten 1 1/2 bis 2 Stunden. Bewundernswert waren der Idealismus und die Spielbegeisterung der Spielgruppe, die von der Laienbühne her qualifizierte Ergänzung erhalten hatte. Die Resonanz beim kleinen und großen Publikum war entsprechend groß. Das ”Öcher Schängchen“ gewann rasch einen enormen Zulauf. Aber der kleine Rahmen ließ einen entsprechenden Aufstieg nicht zu: Theatersaal, Bühne und Requisitenkammer blieben klein. Dass die Spielgruppe um das ”Schängchen“ trotzdem aushielt, bleibt ihr ungeschmälerter Verdienst. Will Hermanns schrieb zum Auftakt eines seiner besten ”Zugstücke“, die ”Klöppelezupp“, die 25mal im November 1935 aufgeführt wurde. Fritz Dreher, ein Leben lang Opernsänger am Aachener Stadttheater, wurde künstlerischer und musikalischer Mentor der Spielgruppe. Der damalige Kulturdezernent, Stadtdirektor Walter Zieger, begann der Puppenbühne ein breites Spiel zu erschließen. Versuche, die Spiele weltanschaulich-politisch zu dirigieren, verstanden das Schängchen und seine Getreuen dank des Blütenreichtums ihrer Mundart, die für fremde Ohren wie eine Mandarinensprache klang, für ”Hörende“ zwar gewagte, aber köstliche ”Eulenspiegelei“ war, sich elegant zu entwinden.

1936

Schon 1936 nahm die Aachener Puppenbühne aktiv am öffentlichen Aachener Karneval teil. Im Rosenmontagszug jenes Jahres stellte sie zum ersten Male einen Kamevalswagen, auf dem nicht nur die Puppen, sondem auch die Angehörigen der Spielgruppe sich kostümiert präsentierten. Motiv des Wagens war ein heiteres Spiel, das gerade auf dem Programm stand und großen Anklang fand wegen des amüsant persiflierten aktuellen Themas.

1938

Bemerkenswerte Stationen waren 1938 der Besuch fahrender Persönlichkeiten des amerikanischen und englischen Puppenspiels.

1942

Anfang 1942 wechselte das Schängchen sein Domizil vom Alten Kurhaus in das Mittelstandshaus in der Wirichsbongardstraße, das die Stadt erworben hatte und dessen großen Saal mit mehr als 200 Sitzplätzen sie von Bert Heller (der auch viele Bühnendekorationen für das Schängchen schuf) geschmackvolldekorativ herrichten ließ.

1943

Hier spielte das Schängchen seine fröhlichen Spiele bis zum Juli 1943 und verlor dann innerhalb weniger Stunden bei einem Brandbombenangriff seinen gesamten Bestand an Puppen, Kostümen, Requisiten und technischen Anlagen. Das ”Öcher Schängchen“ war nur noch eine Erinnerung in den Herzen!

Diese in den Herzen verankerte Erinnerung blieb lebendig. Die Stadt schien noch wie gelähmt, da regte sich schon wieder der Wille zum Leben. Dieser Lebenswille umschloss auch kulturelle Interessen. So war es das Anliegen einiger aufgeschlossener Bürger, auch das mit Brauchtum und Mundart verwachsene Aachener Puppenspiel wieder entstehen zu lassen. Sepp Schüller bemühte sich, zu den bereits wieder erreichbaren ehemaligen Puppenspielenden neue interessierte Akteur*innen zu gewinnen.

1946

Und im Winter 1946 konnte im Vortragssaal der Stadtbücherei in der Peterstrasse das alte Spiel mit neuen Puppen, Kostümen und Dekorationen auf bretterloser neuer Bühne neu beginnen. Paul Schneeloch leitete das Spiel und entwarf die Bühnenbilder. Hein Goergen, der ”Spitzweg“ unter den Aachener Mundartdichtenden, schrieb eigens für dieses neue Schängchen einen Spieltext mit viel Lokalkolorit. In der Kostümbildnerei des Stadttheaters wurden die Puppenkostüme, kleine Kunstwerke, von Ursula Groeger hergestellt. Spiele alter Tradition fanden ein großes Publikum. Aber das Neue bei diesem Wiederbeginn war, dass die Bühne als städtische Einrichtung geführt wurde und somit die Puppenspielenden zum ersten Male in einem festen Vertragsverhältnis standen. Doch kaum hatte man sich dieses Glückfalls erfreut, da war es auch schon wieder vorbei: Der Tag X im Oktober 1948 kam und brachte das Ende. Der städtische Spielbetrieb wurde eingestellt und den Puppenspielenden das Vertragsverhältnis gekündigt. Einige der Spielenden fanden in ihre alten Berufe zurück oder nahmen neue Beschäftigungen auf. Andere blieben und vereinten sich mit den Spielenden der alten ”Schängchen“-Spielschar der dreißiger Jahre zu einer neuen Spielgruppe unter der Leitung von Will Hermanns, dem die Stadt die Bühneneinrichtung zur Verfügung gestellt hatte, mit dem Ziel, in freier Gemeinschaft der Spielenden die Vorstellungen weiterzuführen.

1951 / 1952

Weitsichtige Menschen hüben und drüben am Dreiländereck hatten sich schon schnell wieder bemüht, kulturelle Verbindungen miteinander aufzunehmen. Dem Schängchen war es vergönnt, den ersten kulturellen Brückenschlag zu den niederländischen Nachbarn zu verwirklichen. Man erinnerte sich in Kerkrade an Gastspiele der Aachener Puppenspiele in den zwanziger Jahren. Die Freunde aus Kerkrade luden das Schängchen zu einem Besuch ein. Termin war Donnerstag, der 4. Januar 1951. Veranstalter der Studentenklub St. Lambertus. Spielort der Theatersaal im Hubertus-haus (600 Plätze). Der Ruf des Schängchen-Gastspiels war auch nach Schinveld gelangt. So kam ein Jahr später die Einladung zu mehreren Gastspielen, die am 12. und 13. Januar 1952 im Patronatssaal vor mehr als 2.000 Zuschauern stattfanden.

1952

Auch der Spielbetrieb in der Peterstrasse war nur ein Provisorium, das endlich 1952 ein Ende fand, als der Rat der Stadt beschloss, ”Schängchen“ wieder in städtische Obhut zu nehmen, ihm gleichzeitig aber auch eine bessere Heimstatt zu bieten. Dies sollte in der Werkkunstschule der Stadt sein, wo die Aula mit einem bereits vorhandenen Bühnenpodium und Vorhang die Möglichkeit zum Aufbau der Stockpuppenbühne und zu Vorstellungen gab. Aber Schulbetrieb und Theaterunternehmen unter einem Dach und ebenfalls auf engstem Raum ergaben mehr Reibungsflächen, als man ursprünglich voraussah.

1954

So übersiedelte die Puppenbühne 1954 in das Jugendheim Kalverbenden im Stadtteil Burtscheid, das zwar an der Peripherie der Stadt lag, aber bessere Entwicklungsaussichten erwarten ließ.

1963 - 1970

Im Jahre 1963 formierte sich die Spielgruppe neu. Ausgeschiedene, alte bewährte Kräfte wurden durch neue ersetzt, die sich mit der gleichen Freude und Opferbereitschaft wie die ”Ehemaligen“, weiterhin der Bühne angehörten, ihrer schönen Aufgabe annahmen. Bühnenbildner Matthias Stevens vom Stadttheater Aachen, ehemals Puppenspieler in den Jahren 1946 bis 1948, wurde 1963 künstlerischer Leiter der kleinen Bühne mit der eminent großen Breitenwirkung.

Nach der Neuformierung der Spielgemeinschaft lag die wichtigste Aufgabe zunächst in der Ausbildung der neuen Ensemblemitglieder*innen. Während der spielfreien Sommerzeit 1963 wurden die sprachlichen, musikalischen und technischen Feinheiten des Puppenspielens hart erarbeitet.

Im Herbst begann dann der Spielbetrieb. Mit großem Engagement wurden die traditionellen Stücke nach und nach zur Aufführung gebracht. Neben den sonntäglichen Vorstellungen gab es an jedem Samstag für die Aachener Schulen Vorstellungen, um der Aufgabe zur Erhaltung und Verbreitung der Aachener Mundart und des Rheinischen Stockpuppenspiels nachzukommen. Die aus damaliger Sicht weit vom Zentrum entfernt liegende Spielstätte im Jugendheim Kalverbenden im Stadtteil Burtscheid hinderte die Besucher*innen jedoch nicht, die Vorstellungen zu besuchen. Ohne Übertreibung darf festgestellt werden, dass jung und alt in Scharen dem Schängchen die Aufwartung machten, wobei oftmals viele Besucher wegen Überfüllung abgewiesen werden mussten. Bei den jüngeren und jüngsten Zuschauer*innen flossen dann hin und wieder Tränen. Dies kommt auch heute noch vor. Über Jahre hinweg wurde die Bühnentechnik verbessert, die Bühnenbilder und der Kostümfundus erweitert. Nicht zu vergessen natürlich die Hauptdarsteller, die Puppen. Nach und nach kamen neue Puppen mit neuen, für sie typischen Merkmalen hinzu, wodurch die hölzerne Spielgemeinschaft zu heutiger Größe anwuchs. Das Ensemble fand sich während der folgenden Jahre ebenfalls zu einer verschworenen Gruppe zusammen. Aber der Generationswechsel deutete sich schon an. Ältere, hochverdiente Spieler*innen schieden aus, jüngere kamen hinzu.

Mitte der 70er Jahre zeigte sich, dass der Spielbetrieb von seiner künstlerischen, technischen und räumlichen Leistungsfähigkeit an Grenzen gestoßen war.

1982

Nach langwieriger Suche unter großer Mithilfe aller beteiligter städtischer Ämter und Institutionen wurde im Jahr 1982, in der zu einem Kulturzentrum umgestalteten, ehemaligen Tuchfabrik am Löhergraben, eine neue - nunmehr die achte Spielstätte gefunden. Die Gunst der Stunde erlaubte es, in diesem Gebäude einen Puppenbühnenbau zu verwirklichen, der allen Anforderungen eines modernen und zukunftsträchtigen Spielbetriebs vollauf genügte. Hier ist dem damaligen Spielleiter, Matthias Stevens, und dem Architekten, Winfried Wolks, in besonderer Weise zu danken. Mit Recht wird das Schängchen von anderen Puppentheatern um diese Spielstätte beneidet. Die großartige Verbesserung der Spielmöglichkeiten drückte sich zum Erstaunen des Publikums schon in der ersten Vorstellung am Samstag, dem 16. Januar 1982, mit dem Stück ”Der goldene Mann“ von Prof. Peter Mennicken aus. Die günstigen Bedingungen boten der Spieldramaturgie enorme Perspektiven. Optische Verwandlungen des Bühnenbildes bei geöffneter Bühne, Lichtprojektionen und erweiterte Toneffekte förderten den Spielablauf. Die sprachliche und musikalische Probenarbeit konnte durch einen erstmals vorhandenen Aufenthaltsraum erheblich intensiviert werden. Der Erfolg all dieser Maßnahmen machte sich an den positiven Reaktionen des Publikums deutlich.

Weiter konnte sich das Schängchen an den ersten öffentlichen Veranstaltungen zur Einweihung des ”Grenzlandradios“ des WDR, Studio Aachen, beteiligen. Herausragende Gastspiele fanden und finden u.a. in Maastricht/NL, Kerkrade/NL, Hasselt/B, Eupen/B, Berlin, Bochum und in der Aachener Nachbarstadt Würselen statt. Wie in den früheren Jahren so gab es auch in den letzten Jahren Szenenauftritte und Aufnahmen im Femsehprograrnm des Westdeutschen Rundfunks sowie den örtlichen Rundfunksendem.

Die enge Verbindung der Aachener*innen zu ihrem Schängchen zeigt sich beispielhaft seit vielen Jahren in der Gestaltung von Karnevalsorden. Vielfältige Motive von Typen der Puppenbühne werden als Vorlage hierfür gewählt. Wie schon vor dem II. Weltkrieg so nahmen die Puppen auch danach an den Kinderkarnevalsumzügen teil.

1984 /

1985 /

1989

Auszeichnungen:

Die öffentliche Anerkennung der künstlerischen Leistungen blieb nicht aus: Im Jahr 1984 wurde der Bühne der ”Preis für europäische Regionalkultur“ und 1985 der ”Thouet-Preis zur Förderung und Pflege Aachener Mundart“ verliehen. Als besonders ehrenvoll empfand die Bühne den Auftrag, als kultureller Beitrag die Stadt Aachen beim Nordrhein-Westfalen-Fest 1989 in Düsseldorf zu vertreten. Es wurde das Stück ”De Prente“ von Prof. Peter Mennicken an zwei Tagen mehrfach gespielt.

1989

Der schon angesprochene Generationswechsel im Ensemble wurde kontinuierlich fortgesetzt. So legte im Jahr 1989 Herr Matthias Stevens nach 26-jähriger Spielleitertätigkeit diese Aufgabe in jüngere Hände. Mit Beginn der Spielzeit 1989/90 folgte ihm das Ensemblemitglied Otto Trebels. Er kann aber weiterhin auf die reiche Erfahrung und die Ratschläge seines Vorgängers vertrauen.

Der jetzige künstlerische Leiter sah und sieht sich im besonderen vor vier Aufgaben gestellt: Zum ersten die weitere Verjüngung des Ensembles. Zum zweiten die Anpassung des gesamten technischen Bühnenapparates auf heutige Verhältnisse. Zum dritten die qualitative Weiterentwicklung des Stockpuppenspiels. Zum vierten - wie alle seine Vorgänger - die Suche nach spielbaren Stücktexten mit aktuellem Bezug.

Die Erfüllung der ersten Aufgabe wird möglich durch die Tatsache, dass es immer noch junge Menschen gibt, die sich dem Puppenspiel in der Kombination von Puppenspieltechnik, Beherrschung der Aachener Mundart und musikalischer Fähigkeiten stellen und in ihren Vorgänger*innen Puppenspielerinnen und Puppenspieler finden, die ihren großen Erfahrungsschatz weitergeben und ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Die zweite Aufgabe erfüllte sich in den letzten Jahren in Teilbereichen durch den Einbau einer aufwendigen computergesteuerten Licht- und Tonanlage.

Die dritte Aufgabe kann eigentlich nie erfüllt werden, da es eine ständige Weiterentwicklung im Puppenspiel geben muss und geben wird und auch dieses Theater sich der Konkurrenz eines überwältigenden Angebotes an anderen kulturellen Aktivitäten und Veranstaltungen gegenübergestellt sieht. Dies fordert die Kreativität aller an diesem Theater tätigen Mitarbeiter*innen heraus.

Die Suche nach geeigneten Stücktexten, möglichst mit heutigem und aktuellem Bezug, gestaltet sich deshalb so schwer, weil es nur wenigen Autor*innen gelingt, die Grundbedingungen für das Puppenspiel des Öcher Schängchen's zu vereinigen.

1992

Für das Jahr 1992 ist als außergewöhnliches Ereignis in der Erinnerung aller Beteiligter der Auftritt vor den von der Stadt Aachen eingeladenen, ehemaligen jüdischen Mitbürger*innen haften geblieben.

In jüngerer Zeit öffnet sich die Puppenbühne den jüngeren Fans mit der Möglichkeit, in Workshops das Stockpuppenspiel zu erlernen. Die Reaktionen hierauf ermutigen, auf diesem Wege fortzufahren.

1996

Seit der Spielzeit 1995/1996 führt die Puppenbühne mit großem Erfolg Karnevalsveranstaltungen unter dem Titel ”Öcher fiere met et Schängche Fastelovvend“. Hier wird ein echter Mitmachkarneval geboten, indem das Publikum einer der Akteur*innen ist. Das Ensemble, arrivierte und Nachwuchskarnevalisten und - wie gesagt - das Publikum bilden eine Einheit, die bemüht ist, echte karnevalistische Stimmung ohne kommerziellen Hintergrund zu schaffen. Diese Veranstaltungen sind derartig ”eingeschlagen“, dass die örtliche Presse schon im ersten Jahr von einer ”Kultveranstaltung“ sprach.

2000

Erstmalig in der Spielzeit 1999/2000 wurde der 1. Donnerstag im Monat zum ”Schängchen-Tag“ erklärt. An diesem Tag wird jeweils ein Erwachsenenstück gespielt, um der gestiegenen Nachfrage nach derartigen Aufführungen nachkommen zu können.

Am 19. Januar 2000 war das Schängchen eingeladen, sich an der WDR-Fernseh-Talkshow ”mittwochs mit....“ zu beteiligten. Die Gattin des Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Frau Karin Clement, war dort zu Gast und ihr war als ”Landesmutter“ die Aufgabe gestellt, einige Mundarten aus NRW zu erraten. Der Auftritt von Hubert Crott (Schängchen) und Otto Trebels (Veries) hatte laut WDR eine sehr gute landesweite Resonanz.

Seit dem Jahr 2000 beteiligt sich die Puppenbühne auch an dem ”Aachener Theatertag“.

2006

Am 5. August 2006 starb nach kurzer, schwerer Erkrankung der langjährige Spielleiter der Bühne, Herr Matthias Stevens (*15.2.1924). Er war dem Schängchen von 1946 bis zum seinem Tod als Puppenspieler, Bühnenbildner, Ausstatter und, wie schon erwähnt, von 1964 bis 1989 als künstlerischer Leiter engenstens verbunden. Das sich auch heute noch Kinder und Erwachsene an dem Spiel der Stockpuppen erfreuen können, ist nicht zuletzt seinem nimmermüden Engagement zu verdanken.

2007

Seit dem 1.9.2007 verstärkt Frau Elfriede Schultz das Ensemble der Stadtpuppenbühne.

2008

Am 22. Oktober 2008 hatte das „Weltweit Erste Stadtpuppenkabarett“ mit dem Titel Pech und Schwefel nach einer Idee, Texten  und in der Regie des Kabarettisten Dr. Wendelin Haverkamp Premiere. Veranstalter ist der Förderkreis Öcher Schängche e.V. Das Stockpuppenkabarett im Schängche. „Pech und Schwefel“ ist das Kabarettprogramm der Aachener Stockpuppenbühne. Hier treffen Kabarett und Puppen aufeinander; zwar auf hochdeutsch, aber mit dem Flair und dem Charme der Traditionsbühne. Die große weite Welt ist ebenso Thema der wie die Lokalpolitik.

2009

Pech und Schwefel Teil 2.

2010

Pech und Schwefel Teil 3.

2011

Kurz vor seinem 90. Geburtstag verstarb am 20.4.2011, das ehemalige Ensemblemitglied Hans Alt. Von 1963 bis 1991 hat er in unzähligen Vorstellungen die Figur des Öcher Schängche gespielt und abertausenden Besucher*innen Freude bereitet. Er wird in die Aachener Geschichte als „Mister Öcher Platt“ eingehen und unvergessen bleiben.

Anlässlich des 90. Geburtstages der Puppenbühne am 4.5.2011 wurde ein Festakt und vom 6.-15.5.2011 ein Figurentheater-Festival durchgeführt. Hieran nahmen das Stockpuppenkabarett Pech und Schwefel, das Rosenfisch Figurenspiel, das Ambrella Theater, Heinrich Heimlich, das Hohenloher Figurentheater und die Stadtpuppenbühne mit einem Erwachsenstück teil.

Pech und Schwefel Teil 4.

2012

Pech und Schwefel, Teil 5.

2013

Die Stadtwache Öcher Börjerwehr zeichnete die Stadtpuppenbühne am 6.1.2013 im Rahmen der Tröötemann-Enthüllung mit der „Jupp-Schollen-Gedächtnisplakette“ für bedeutende lokale Karnevalsaktivitäten aus. Premiere des 6. Teils von Pech und Schwefel. Wie schon in den Vorjahren waren alle Vorstellungen ausverkauft.

Am 31.12.2013 schied der langjährige Puppenspieler Martin Kreitz kurz vor seinem 80. Geburtstag aus dem Ensemble aus. Vom 1.4.1994 an hat er viele Rollen an der Puppenbühne - insbesondere die Figur des Stadtpolizisten Noppeney - übernommen. Auch seine Auftritte als Büttenredner bei den Karnevalsveranstaltungen werden uns in Erinnerung bleiben.

Pech und Schwefel, Teil 6.

2014

Am 11.1.2014 erhielt die Stadtpuppenbühne vom Aachener-Karnevals-Verein von 1859 e.V. eine der höchsten närrischen Auszeichnungen Aachens, die Jacques-Königstein-Kette für die besten Karnevalisten der vorjährigen Session.

Am 1.9.2014 hat Herr Dirk Chauvistré Aufnahme in das Ensemble der Stadtpuppenbühne gefunden und tritt somit die Nachfolge von Herrn Martin Kreitz an.

Pech und Schwefel, Teil 7.

2015

Nach 41 Jahren als Puppenspieler trat Herr Josef Reuters in den wohlverdienten Ruhestand. Nach seiner jahrzehntelangen Tätigkeit bleibt er dem Publikum vor allem als Sprecher der Nieres- und der Bürgermeisterrolle in Erinnerung.

Pech und Schwefel, Teil 8.

2016

Am 1.1.2016 kam mit Frau Hanna Birmans ein neue Puppenspielerin in das Ensemble. Am 23.2.2016 hielt der künstlerische Leiter, Otto Trebels, bei der Gesellschaft Burtscheid für Geschichte und Gegenwart e.V. im Pfarrheim St. Johann Baptist einen Vortrag zum Thema: „Schängchens Heimat in Burtscheid“. Abgerundet wurde dieser Vortrag durch eine Szene für zwei Personen mit dem Bühnenmeister und Schängchen-Sprecher Peter Reuters.

2017

Am 17.01.2017 verstarb unser ehem. Ensemblemitglied Josef Reuters. Seit 1963 hat er in unzähligen Rollen - vor allem in den letzten Jahren in den Rollen des Bürgermeisters und des Nieres - das Publikum begeistert. Pech und Schwefel, Teil 10.

2018

Mit dem 01.01.2018 nahm Frau Alexandra Renardy als neues Ensemblemitglied ihren Dienst als Puppenspielerin auf.
Im diesem Jahr hatte die Stadtpuppenbühne zwei Todesfälle zu beklagen. Völlig unerwartet starb am 25.07.2018 unser ehem. langjähriges Ensemblemitglied Hildegard Barner. Neben vielfältigen Rollen spielte sie als eine der Traditionsfiguren das "Jretche" und war Autorin einiger Stücke und Lieder. Sie war auch Trägerin des Thouet-Mundartpreises im Jahr 1989 und war bekannt unter ihrem Pseudonym "Adele".
Am 16.10.2018 verstarb ebenso unerwartet Dr. Manfred Birmans. Der Stadtpuppenbühne war engstens verbunden, da er seine Doktorarbeit über die Geschichte der Puppenbühne geschrieben hat, er Mitbegründer und erster Vorsitzender des Förderkreises der Puppenbühne und Mitinitiator der Karnevalsveranstaltungen und des Puppentheaterkabaretts "Pech und Schwefel" war.
Pech und Schwefel, Teil 11.
2019 Am 06.01.2019 wurde das Ensemblemitglied Frau Elfriede Schultz mit dem Thouet-Mundartpreis der Stadt Aachen ausgezeichnet. Am 01.09.2019 konnte Herr Otto Trebels sein 30-jähriges Jubiläum als künstlerischer Leiter der Stadtpuppenbühne begehen.
Pech und Schwefel, Teil 12.