Wir verwenden Cookies, um für Sie die Benutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessern. OK Weitere Informationen




Inhalt



Das Archivale des Monats Januar 2024 …

  • … zeigt die Vorstellung der Kandidatin Emmi Welter in einer Broschüre der CDU für die Kommunalwahl 1952. Vor genau 70 Jahren erhielt die für die CDU im Rat der Stadt Aachen tätige Welter – eine von damals drei Ratsfrauen – ein Bundestagsmandat ihrer Partei.
  • Im Elend der Nachkriegszeit ab 1918 begann sie, sich sozial zu engagieren, vor allem die Versorgung der notleidenden Kinder lag ihr am Herzen. Viele weitere Hilfsaktionen für Arme und Benachteiligte folgten – immer Hand in Hand mit anderen caritativen Einrichtungen beider christlicher Kirchen.
  • Für ihre Verdienste erhielt Emmi Welter 1957 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland und 1962 die Wichern-Plakette der evangelischen Kirche Deutschland.

Das Aachener Stadtarchiv zeigt aus seinen Magazinen regelmäßig interessante Stücke als Archivale des Monats. Das Stück mit einem kurzen Begleittext wird in einem Schaukasten im Foyer des Stadtarchivs am Reichsweg sowie digital auf der Homepage des Archivs präsentiert. Im Januar 2024 zeigt das Archivale des Monats die Vorstellung der Kandidatin Emmi Welter in einer Broschüre der CDU für die Kommunalwahl 1952. Vor genau 70 Jahren erhielt die für die CDU im Rat der Stadt Aachen tätige Welter – eine von damals drei Ratsfrauen – ein Bundestagsmandat ihrer Partei. Der Fotograf ist unbekann

StAAc-Druckschriftenslg-Emmi_Welter

Quelle: Stadtarchiv Aachen, PRZ 10-61; ZTG 41-14 AVZ, Januar 1954; Druckschriftensammlung

 Am 4. Januar 1954 erhielt die seit November 1950 für die CDU im Rat der Stadt Aachen tätige Emmi Welter – eine von damals drei Ratsfrauen – ein Bundestagsmandat ihrer Partei. Sie trat damit die Nachfolge des Ende Dezember 1953 verstorbenen Bundestagsabgeordneten Walther Kolbe an und war damit neben Dr. Helene Weber die zweite Abgeordnete der Aachener CDU im Bundestag.

Ihr Ratsmandat in Aachen behielt sie bis 1961 parallel zu ihrem Bundestagsmandat. Bei dem Bundestagswahlen 1957 und 1961 wurde sie über die NRW-Landesliste der CDU für den Bundestag wiedergewählt. Im Bundestag gehörte sie bis zu ihrem Ausscheiden 1965 unter anderem dem Ausschuss für Fragen der öffentlichen Fürsorge, dem Ausschuss für Familien- und Jugendfragen sowie dem Gesundheitsausschuss an. Maßgeblich beteiligt war sie bei der Erarbeitung des Gesetzes zum Familienlastenausgleich, dem Jugendwohlfahrtsgesetz und im Bereich der Sozialhilfegesetzgebung.

Gleichberechtigung von Frauen in Gesellschaft und Kirche

Emmi Welter, geborene Merten, wurde am 7. August 1887 in Köln geboren. Sie stammte aus einem liberalen evangelischen Elternhaus und setzte sich früh für die Gleichberechtigung von Frauen in Gesellschaft und Kirche ein. Mit 22 Jahren heiratete sie den Aachener Tuchgroßhändler Emil Welter und zog nach Aachen; nach dem Tod ihres Mannes Ende der 1930er-Jahre übernahm sie auch in der Firma Verantwortung und führte sie durch die Kriegszeit. Die Familie hatte vier Kinder, beim Einzug in den Bundestag war sie zehnfache Großmutter.

Im Elend der Nachkriegszeit ab 1918 begann Emmi Welter, sich sozial zu engagieren, vor allem die Versorgung der notleidenden Kinder lag ihr am Herzen. Viele weitere Hilfsaktionen für Arme und Benachteiligte sollten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten folgen – immer Hand in Hand mit anderen caritativen Einrichtungen beider christlicher Kirchen.

Erste Frau im Aachener Presbyterium

In den 1920er-Jahren war sie die erste Frau im Aachener Presbyterium, dem sie viele Jahre angehörte. Auch mit der Viktoriaschule war sie eng verbunden, sie gehörte dem Kuratorium des dortigen Töchterschulvereins an, bis die Schule 1941 zwangsweise in städtische Trägerschaft überging. Nach dem Krieg setzte sich Emmi Welter stark für die Wiedererrichtung der Schule ein, was 1961 auch gelang.

Aber auch über die Stadtgrenzen hinaus stand Emmi Welter in der Verantwortung; sie gehörte zum Beispiel der Rheinischen Provinzialsynode sowie der Generalsynode der Kirche der Altpreußischen Union an. Sie trat der CDU 1945 direkt nach ihrer Gründung bei und gründete in Aachen gemeinsam mit Clementine Norres und Dr. Helene Weber die Frauenunion in Aachen, die sie von 1955 bis 1966 auch leitete. Seit 1952 war sie Vorsitzende der Evangelischen Frauenhilfe im Rheinland, die 100.000 Mitglieder in 35 Kreisverbänden hatte. Anfang 1953 wurde sie Mitglied des Kuratoriums des Müttergenesungswerks.

Politische Orientierung

Politisch war Emmi Welter eine Zeit lang nationalkonservativ orientiert. Anfang der 1930er-Jahre war sie der Deutschnationalen Volkspartei beigetreten, die sich im Juni 1933 selbst auflöste. Gleichwohl wandte sich Emmi Welter während des Nationalsozialismus der evangelischen Bekennenden Kirche zu, die sich gegen die Gleichschaltung der Deutschen Evangelischen Kirche mit dem Nationalsozialismus stellte. Für sie stand das Christsein höher als die nationale Einstellung. Damit verlor sie alle kirchlichen Ämter, die während dieser Zeit Angehörigen der staatsnahen Deutschen Christen innerhalb der evangelischen Kirche vorbehalten blieben.

Reiz der neuen Aufgabe

Die Aachener Volkszeitung berichtete am 5. Januar 1954, wie Emmi Welter die Nachricht über ihr Bundestagsmandat aufgenommen hatte: „Sie wußte nicht ganz, ob sie sich nun darüber freuen sollte oder nicht, da es ohnehin der Verpflichtungen und Ämter schon fast zuviel sind. Ihrem Sohn, der in der der Arndtstraße eine Etage tiefer wohnt, teilte sie die Nachricht mit den Worten mit: ‚Da haben wir’s!‘ Aber dann siegten der Reiz der neuen Aufgabe und die Erfolgsaussichten der neuen Möglichkeiten doch über alle Hindernisse.“ Von der Presse nach ihren Zielen befragt, sagte Emmi Welter, dass ihre Arbeit, die sie vor allem im sozialpolitischen Bereich und bei den Grenzlandfragen sah, allen dienen solle.

Für ihre Verdienste erhielt Emmi Welter 1957 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland und 1962 die Wichern-Plakette der evangelischen Kirche Deutschland. Sie starb am 10. März 1971 im Alter von 83 Jahren in Aachen. Die hinter dem jüdischen Friedhof liegende gleichnamige Straße ist nach ihr benannt.