Dach- und Fassadenbegrünung Verwaltungsgebäude Am Marschiertor
Ein Pilotprojekt für Klimaresilienz und Biodiversität
Aktuell: Fertigstellungsfotos 2025
Pilotprojekt
Im Sommer 2025 hat das Gebäudemanagement Aachen am Verwaltungsgebäude Marschiertor ein wegweisendes Pilotprojekt umgesetzt: Ein 500 m² großer Dachgarten mit begleitender Fassadenbegrünung. Es handelt sich um die bislang komplexeste Gebäudebegrünung an einem städtischen Bestandsgebäude – und damit zugleich um ein Lernfeld für kommende Projekte.
Anlass und Ziel
Das Projekt stärkt die grün-blaue Infrastruktur der Stadt Aachen und dient der Klimaanpassung. Die Begrünung wirkt auf mehreren Ebenen:
Ökologisch: 1.200 Pflanzen aus 40 Arten – von Stauden und Gräsern über Gehölze bis hin zu mehrstämmigen Bäumen – schaffen Nahrung und Lebensraum für Insekten, Vögel und Kleinsäuger. Zusätzliche Biodiversitätselemente wie Totholz, Sandlinsen und Wasserlinsen erweitern das Angebot.
Bioklimatisch: Die Pflanzen sorgen für Kühlung, Verschattung und Luftverbesserung. Sie binden CO₂ und Feinstaub und produzieren Sauerstoff – besonders wertvoll an einem Standort mit hoher Verkehrsbelastung.
Stadtklimatisch: Das Gründach hält Regenwasser zurück, verbessert die Wasserversorgung der Pflanzen und entlastet die Kanalisation bei Starkregen durch eine zeitverzögerte Abgabe des Wassers.
Darüber hinaus bietet der Dachgarten Aufenthaltsqualität: Erste Rückmeldungen zeigen, dass bereits der Blick auf die grüne Dachlandschaft das Wohlbefinden der Mitarbeitenden steigert.
Lage und Bedeutung
Das Verwaltungsgebäude liegt innerstädtisch an der Lagerhausstraße, in direkter Nähe zum Aachener Hauptbahnhof. Die Umgebung ist geprägt von dichter Bebauung, versiegelten Flächen, Straßenverkehr und Bahngleisen. Mit der Begrünung wird ein sichtbares Zeichen für mehr Klimaresilienz gesetzt und ein neuer Trittsteinbiotop inmitten der Stadt geschaffen.
Gestaltung des Dachgartens
Die Dachfläche bietet vielfältige Pflanz- und Lebensräume:
Fassadenbegrünung: Acht verschiedene Kletterpflanzenarten wachsen bis zu 15 Meter hoch entlang modularer Rankhilfen. Durch ihre wechselnden Blühzeiten entsteht ein ganzjährig abwechslungsreiches Bild.
Dachrand: Bis zu 1,5 Meter hohe Stauden und Gehölze schirmen die Dachfläche vom Straßenverkehr ab. Hängende Pflanzen wie Waldrebe oder Jasmin begrünen zusätzlich das Geländer.
Dachmitte: Neben robusten Sedum-Arten sorgen insektenfreundliche Stauden wie Salbei, Minze oder Zierquitten für Vielfalt.
Feuchtzonen: Drei Wasserlinsen fungieren als temporäre Biotope und bieten Amphibien und Insekten Lebensraum.
Bäume und Hochbeete: Zwei mehrstämmige Bäume prägen die Dachlandschaft, ergänzt durch Hochbeete mit Gräsern wie Pampasgras und Blauschwingel.
Pflege
Damit die Begrünung langfristig wirkt, wurde ein umfassendes Pflegekonzept erarbeitet:
In den ersten drei Jahren sorgen insgesamt 16 Pflegegänge für die Entwicklung und Stabilisierung des Gründachs.
Anschließend übernimmt die regelmäßige Unterhaltungspflege mit vier Terminen pro Jahr.
Eine automatische Bewässerungsanlage stellt die Versorgung der Pflanzen sicher.
Für die Fassadenbegrünung sind Rückschnitt- und Pflegearbeiten über die bestehenden Wartungsbalkone möglich.
Technische Ausstattung
Das Dach wurde technisch umfassend vorbereitet, um die Begrünung dauerhaft zu sichern:
Retentions- und Dränageschicht: Eine 6 cm hohe Retentionslage speichert Regenwasser und gibt es zeitverzögert ab.
Substrataufbau: Hügelig modelliertes Substrat mit Höhen zwischen 15 und 60 cm schafft vielfältige Pflanzstandorte – von Sedum bis hin zu mehrstämmigen Bäumen.
Dachabdichtung und Sicherheit: Eine wurzelfeste Abdichtung, Blitzschutzanlagen, Absturzsicherungen sowie Wege für Wartung und Rettung wurden integriert.
Rankhilfen: Speziell entwickelte, modulare Aluminium-Rankhilfen an den Fassaden ermöglichen das Wachstum der Kletterpflanzen über vier Geschosse hinweg und können bei Bedarf erweitert werden.
Weitere Elemente: Betonwinkelsteine und Aluminium-Randelemente fassen die Dachfläche ein; Dachkuppeln, Abläufe und Notüberläufe wurden erneuert.
Herausforderungen und Perspektiven
Die Umsetzung war eine interdisziplinäre Aufgabe – von Statik über Garten- und Landschaftsbau bis hin zur Pflegeplanung. Wichtige Punkte sind die Sicherstellung des Pflegeaufwands und die Akzeptanz im Arbeitsumfeld.
Der nächste Schritt: 2026 soll die zweite Dachhälfte nach demselben Konzept begrünt werden. Parallel wird geprüft, wie die Flächen künftig auch den Mitarbeitenden zur Nutzung bereitgestellt werden können – etwa als Aufenthalts- oder Besprechungsbereich.