
Die Siedlung ,,In den Heimgärten“ entstand in den 1920er Jahren in Reaktion auf den ersten Weltkrieg. Die einheitlich gestaltete Siedlung umfasst 226 Wohneinheiten und folgt der städtebaulichen Idee einer Gartenstadt. Reihenhausgruppen aus unterschiedlichen Typenhäusern weisen Vor- und rückwärtige Gärten auf. Verschiedene Giebelformen und eine zentrale Platzanlage prägen das Erscheinungsbild der zentrumsnahen Struktur.
Seit dem Jahr 2005 ist die Burtscheider Siedlung ein eingetragener Denkmalbereich. Die Besonderheit der Siedlung wird zusätzlich durch eine Gestaltungssatzung und eine Erhaltungssatzung geschützt. Diese geben die Möglichkeit zur Modernisierung und Anpassung bei gleichzeitigem Schutz des Siedlungscharakters vor.
Modernisierungsbedarf - Das sagt der Denkmalschutz
Die Entstehungszeit der Gartenstadt war geprägt von Wohnungsnot und einem schwachen wirtschaftlichen Umfeld. Dadurch weisen die Häuser geringe Wohnflächen und eine schwierige bauliche Substanz auf. Der Bebauungsplan und die Denkmalbereichssatzung geben daher einen Rahmen für bauliche Anpassungen und Modernisierungen vor, die einen Ausgleich zwischen Erhalt des historischen Erscheinungsbildes und zeitgemäßem Wohnen schaffen. Es ist grundsätzlich empfehlenswert Ihr Anliegen frühzeitig mit der Denkmalpflege der Stadt Aachen zu besprechen. Für Ihr Vorhaben benötigen Sie eine denkmalrechtliche Genehmigung, die bei der Denkmalbehörde zu beantragen ist. Die mit der Denkmalbehörde abgestimmten Maßnahmen können erhöht steuerlich geltend gemacht werden (sog. Denkmal-AfA).

Denkmalschutz & Finanzen
Alle straßenseitig sichtbaren Veränderungen an Fassaden, Dächern und Vorgärten müssen vor Ausführungsbeginn von der Denkmalpflege schriftlich genehmigt werden (sog. Erlaubnisverfahren gem. Denkmalschutzgesetz NRW). Sofern keine äußeren Veränderungen vorgenommen werden und es sich lediglich um kleinere Instandhaltungs- oder Reparaturarbeiten handelt, sind diese selbstverständlich ohne weitere Auflagen zulässig. Veränderungen im Inneren der Gebäude unterliegen keinen denkmalrechtlichen Vorgaben. Alle Aufwendungen zur Erhaltung und sinnvolle Nutzung von denkmalrelevanten Bauteilen, die von Forderungen aus der Denkmalbereichssatzung betroffen sind, können nach Denkmalschutzgesetz erhöht - bis zu 100% - abgeschrieben werden. Dies gilt sowohl für selbst genutzte Häuser als auch für vermietete Flächen vorausgesetzt, alle Maßnahmen wurden vor Beginn mit der Denkmalpflege abgestimmt und entsprechende Auflagen eingehalten.
Weitere Informationen: Steuervergünstigungen im Rahmen der Baudenkmalpflege | MHKBD.NRW. Bei aufwendigen Restaurierungsarbeiten oder besonderen denkmalpflegerischen Leistungen können vor Maßnahmenbeginn ggf. städtische Pauschalmittel beantragt werden. Bitte nehmen Sie frühzeitig Kontakt mit der Unteren Denkmalbehörde auf.
Planmaterial und Vorlagen

Die denkmalpflegerischen Vorgaben betreffen die straßenseitigen Fassaden, Dächer und zugehörigen Vorgärten, bei Endhäusern einer Zeile auch die Giebelfassaden. Entsprechende Umbaumaßnahmen sind im Vorfeld mit der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Aachen abzustimmen. Für Ihre Planungen finden Sie im Folgenden Vorgaben und Detailplanungen. Für mögliche Anbauten an rückwärtige Fassaden, sowie rückwärtige Dachgauben gelten die Regeln der Gestaltungssatzung, die ebenfalls nachfolgend konkretisiert werden Steuerliche Vorteile des Denkmalschutzes können für rückwärtige Anbauten jedoch nicht in Anspruch genommen werden.
Oberflächenmaterialien – Fassade und Dach
© Stadt AachenDownload: Farbigkeiten, Fassade und Dach, Untere Denkmalbehörde
Bei der Wahl der Oberflächenmaterialien und ihrer Farbigkeiten ist ein einheitliches Gesamtbild der Reihenhausgruppen anzustreben.Dachflächen
• Die ursprünglich einheitliche Dacheindeckung erfolgt mit braunen Rheinlandziegeln.
• Sofern die historische Eindeckung vorliegt, ist sie zu erhalten.
• Bei einer vollständigen Erneuerung der Dachfläche müssen altfarbene Rheinlandziegel verwendet werden.
• First- und Gratziegel sind zugehörige konische Ziegel mit Höcker oder Nase.
• Dämmung der Dachfläche ist als Zwischensparren- und/oder Innendämmung auszuführen.
• Aufgrund der heutzutage standardmäßig aufgebrachten Konterlattung erhöht sich der Dachaufbau um 5cm.
• Zu noch nicht erneuerten Nachbardächern ist dann ein temporärer Übergangsstreifen mit dunkel vorbwittertem Zink, Bleiband o.ä. anzubringen.
• Das Aufbringen straßenseitiger PV-Anlagen ist nach Einzelfallabstimmung mit der Denkmalbehörde möglich, wenn:
- die Belegung mit schwarzen und rahmenlosen „Full black“ PV-Modulen erfolgt
- eine stehende Anordnung in geometrisch klaren Flächen umgesetzt wird
- und/oder eine einheitliche Belegungsart innerhalb einer Hausreihe
• Sprechen Sie sich ggf. mit ihren Nachbarn ab und nehmen Sie Kontakt zu uns auf.Straßenseitige Fassadenflächen
• Historische Fassaden sind nach Möglichkeit mit ihren charakteristischen Klinkerriemchen/Zierbändern, auch bei deren Freilegung, zu erhalten.
• Im Falle einer Fassadensanierung ist eine Wärmedämmung von max. 6 cm (+ Putz) möglich. Entsprechend dem historischen Vorbild müssen neue ungestrichene Klinkerriemchen angebracht werden. Diese werden kostenfrei von der Unteren Denkmalbehörde zur Verfügung gestellt.
• Mauer- und Putzrisse können mit geeigneten Mitteln, beispielsweise Verpressen und Bewehrung mit Glasfasergewebe, saniert werden.
• Grundsätzlich soll ein mineralischer Putz (Kalkzementputz) in der Körnung 2mm verwendet werden - die Oberfläche soll abgerieben sein. Struktur-, Kratz- oder Edelputze sind unzulässig.
• Es muss ein hellfarbiger Fassadenanstrich in RAL 9010 „Reinweiß“ aufgebracht werden.Dachgauben
© Stadt AachenDownload: Dachgaube, Sanierung und Forschung, RWTH Aachen
Straßenseitige Gauben aus der Entstehungszeit sollen erhalten werden, während bereits veränderte Gauben Bestandsschutz genießen. Wird die gesamte Gaube erneuert, müssen Form und Größe einer historischen Gaube entsprechen.
• Neue Eindeckungen sollen in dunkel lasiertem/ geöltem Holz gewählt werden.
• Schiefer, Eternit, Grautöne und Zink stellen auch eine Möglichkeit dar.
• Max. 6cm Aufdachdämmung können zusätzlich zur Dämmung auf Tragebene aufgebracht werden.Rückwärtige Gauben zum privaten Garten sind vom Denkmalschutz ausgenommen, unterliegen aber der Gestaltungssatzung. Diese können vergrößert und/oder zur Gewinnung zusätzlicher Wohnfläche unter folgenden Bedingungen errichtet werden:
• Die Gaube darf gemessen vom Fertigfußboden des Dachgeschosses max. 2,50m hoch sein.
• Zur Nachbarbebauung muss ein Abstand von drei Dachpfannen (Rheinland-Ziegel) gehalten werden.
• Zur Traufe ist ein Abstand von einer Dachpfanne einzuhalten.
• Eine Dämmung der rückwärtigen Gaube und Dachfläche ist zulässig, sofern First und Ortgang (bei Giebelhäusern) sich nicht wesentlich verändern.Hauseingangstür
© Stadt AachenDownload: Detailzeichnung Hauseingangstüre, Untere Denkmalbehörde
Originale Türen sollen möglichst erhalten werden. Für eine fachgerechte Reparatur kann ggf. ein Fördermittelantrag bei der Denkmalbehörde gestellt werden. Wird eine neue Tür eingebaut gelten folgende Kriterien:
• Waagerechte Verbretterung
• Schmales senkrechtes Fensterelement
• Deckende Lackierung
• Farbgebung wird mit der Denkmalpflege im Einzelfall abgestimmt.
• Weiß, braun, schwarz und grelle Lackierungen sind nicht zulässig.
• Historische Details, wie Briefeinwurfsschlitze oder Fenstergitter sind nicht erforderlich.
• Vordächer zu Haustüren sind schlichte, transparente Konstruktion aus Stahl und Glas.Straßenseitige Fenster
© Stadt AachenDownload: Detailzeichnung Fenster, Untere Denkmalbehörde
Betroffen sind straßenseitige Fenster, sowie seitliche Fenster der Endhäuser einer Hausreihe (Giebelseite).• Fenster sind bei ihrer Erneuerung in Holz zu wählen.
• Historische Fenster sitzen eher außen in Fassadenebene.
• Fenster müssen in RAL9016 verkehrsweiß gestrichen werden.
• Aufteilung und Größe wie bei historischen Fenstern.
• Glasteilende Sprossen sind nicht verpflichtend.
• Innen liegende Sprossen zwischen der Verglasung werden nicht zugelassen.
• Schmale Sprossen mit eingelegter Aluminiumschiene sind zulassungsfähig.
• Von außen können weiß eloxierte Regenschutzschienen oder ein Wasserschenkel aus Holz verbaut werden.Vorgärten
© Stadt AachenEinfassungen Vorgärten
• Niedrige Mauern mit und ohne Geländer und/oder Buchen- und Ligusterhecken, sind zu erhalten.
• Sind diese nicht mehr vorhanden oder beschädigt, sind die gleichen Hecken wieder anzupflanzen bzw.
die Mauern neu zu erstellen.
• Der Vorgarten muss versiegelungsfrei bleiben.
• Farbigkeiten: RAL 7016 oder DB-703 für das Geländer und graue Farbgebung für die VorgartenmauernStellplätze
• In Vorgärten sind keine neuen Stellplätze, Garagen oder Carports zulässig.
• Bestehende Anlagen haben Bestandsschutz.
• Lediglich an den Reihenendhäusern können im Bauwich und 1,0m hinter dem seitlichen Eingang ein
Carport und bei einsehbaren Bereichen ein Stellplatz errichtet werden.
• Alle mittleren Häuser der Hausreihe sind darauf angewiesen, auf der Straße zu parken.Fahrradschuppen im Vorgarten
© Matthias Bruns, Stegreif DHBDownload: Fahrradschuppen Entwurf, RWTH Aachen
Zu der Entstehungszeit der Siedlung waren die Gärten der Siedlungshäuser dem Zweck der Selbstversorgung vorgesehen. Heutzutage werden die Flächen der Vorgärten zum Abstellen von Fahrrädern, Mülltonnen und Gartengeräten verwendet. Um den einheitlichen Charakter der Siedlung zu wahren, soll die Bebauung der Vorgärten nicht zu stark variieren.Gemäß Satzung soll ein Unterstand:
• Bis zu 4m² groß sein.
• Die Brüstungshöhe des Fensters im Vorbau unterschreiten.
• Sich dem Bestand unterordnen.
• Gestalterisch mit der Denkmalpflege abgestimmt werden.Lösungsvorschläge für Fahrradschuppen/ Unterstände wurden in Zusammenarbeit mit der Architekturfakultät der RWTH Aachen erarbeitet. Nehmen Sie zur praktischen Umsetzung folgender Entwürfe gerne Kontakt mit uns auf.
Anbauten
© Stadt AachenVordere und seitliche Anbauten
• Historische Eingangsanbauten sind in ursprünglicher Form zu erhalten oder wiederherzustellen.
• Nachträgliche erstellte Anbauten können instand gehalten und gestalterisch angepasst werden.
• Eine Vergrößerung des seitlichen Anbaus ist nicht möglich.
• Alle Anbauten genießen Bestandsschutz.
• Wird ein neuzeitiger Anbau zerstört darf dieser nicht wiederaufgebaut werden und der historische Zustand ist herzustellen.Rückwärtige Anbauten
• Bei Hausgruppen ohne Kellerküche kann der Anbau über die gesamte Hausbreite, also in geschlossene Bauweise, ausgeführt werden.
• Die maximale Höhe liegt bei 3,90m bzw. der Unterkante der Obergeschossfenster.
• Flache oder geneigte Pult- oder Satteldächer sind möglich.
• Der Anbau darf bis zu 4m tief sein. Weitere 2m Tiefe sind bei besonders tiefen Grundstücken mit Einverständnis der Nachbarn möglich.
• Hausgruppen mit historischer Kellerküche dürfen, in Einverständnis mit den Nachbarn, in offener Bauweise anbauen.
• Prinzipiell sind alle Materialien umsetzbar.
Zukunftsorientierte energetische Sanierung

Die zunehmenden Anforderungen an die Energieeffizienz stellen bei denkmalgerechten Sanierungen eine besondere Herausforderung dar. Diesen Themen widmet sich derzeit ein Forschungsprojekt der RWTH Aachen mit dem Lehr- und Forschungsgebiet Denkmalpflege und historische Bauforschung. Ziel des Forschungsprojekts ist es, einen Beitrag zur Sanierung von Siedlungsbauten der 20er Jahre zu leisten und Lösungsszenarien für eine Verbindung ökologischer, ökonomischer und denkmalpflegerischer Belange zu entwickeln. Dazu soll ein systematisierter Katalog mit bauteilspezifischen energetischen Ertüchtigungen und weiteren Interventionsstrategien für Siedlungsbauten der 20er Jahre als Entscheidungsgrundlage für die Bauherrenschaft, Planende, die Bauverwaltungen und Denkmalbehörden entwickelt werden. Bereits im Rahmen des Pop-up Campus im Sommer 2022 wurde die Problematik der Siedlungen aus den 1920er Jahren thematisiert. Ziel des Pop-up Campus war es, einen Raum zum Experimentieren und Reflektieren über die Bauwende zu schaffen. Im Fokus standen ein bewusster Umgang mit dem baulichen Bestand und den Ressourcen sowie die Frage, an welchen Stellschrauben für Verbesserungen angesetzt werden kann.