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Marlene Streeruwitz ist Trägerin des Walter-Hasenclever-Literaturpreises 2002

Die Österreicherin Marlene Streeruwitz erhielt am 29. September 2002 den Walter-Hasenclever-Literaturpreis der Stadt Aachen.

Marlene Streeruwitz wurde am 28. Juni 1950 in Baden bei Wien geboren. Sie studierte nach dem Abitur zunächst Jura, wechselte dann zu Slawistik und Kunstgeschichte. Ab 1989 arbeitete sie als Redakteurin am Theater und im Hörfunk, zugleich erschienen ihre ersten Hörspiele. Ihr Durchbruch als Bühnenautorin gelang 1992 mit dem Stück "Waikiki Beach", das am 24. April 1992 in Köln uraufgeführt wurde. Bis 1995 folgten sieben weitere Schauspiele. 1996 erschien ihre erste größere Prosa ("Verführungen 3. Folge", Suhrkamp-Verlag), im gleichen Jahr hielt sie in Tübingen an der Universität Poetikvorlesungen, denen eine Gastdozentur in Frankfurt folgte (ihre Tübinger Vorlesungen sind veröffentlicht unter dem Titel "Sein und Schein und Erscheinen"; Suhrkamp-Verlag 1997). 1999 erschien ihr Roman "Nachwelt" (Fischer-Verlag).

Marlene Streeruwitz ist Mutter zweier Kinder und lebt in Wien bzw. den USA. Zur Zeit hat sie eine Gastdozentur in Berlin.

Seit ihrem schriftstellerischen Debüt sei, so Dr. Bert Kasties, Marlene Streeruwitz als gleichermaßen versierte Bühnenautorin, als Verfasserin von Hörspielen sowie als Bühnendichterin hervorgetreten. Unter strikter Zurückweisung literarischer Moden und gängiger Publikumserwartungen sei es ihr gelungen, ein äußerst eigenständiges Werk heranzubilden, das von einer unprätenziösen, ungemein präzisen und dabei doch poetischen Sprache getragen werde.

Ihre bisherigen Arbeiten seien der Auseinandersetzung mit elementaren Fragen des menschlichen Seins gewidmet, nicht der Behandlung nur kurzfristig aktueller Stoffe der Tagespolitik oder dem Propagieren politischer Utopien. Ihre Sujets finde die Autorin in den über alle Epochen hinweg als unveränderlich erscheinenden Eigenschaften der menschlichen Natur, in deren Abgründe sie ihre Protagonisten hinab sendet. Es seien nicht etwa verhaltene Abstiege im Halbdunkel, zu denen jene verurteilt sind, sondern ein geradezu freies Fallen, bei dem die Autorin jeden Winkel des sich eröffnenden inneren Raumes rückhaltlos ausleuchte, um dem Publikum das Typische des individuellen Menschseins und des zwischenmenschlichen Agierens greif- und begreifbar zu machen. Diese Intention verbinde Marlene Streeruwitz mit Walter Hasenclever, dessen literarische Arbeiten ebenfalls nicht primär der Schilderung vordergründiger Spielhandlungen, sondern dem Offenlegen der menschlichen Natur und der in ihr schlummernden Tendenz zum Bösen gedient hätten.

Ebenso wie Hasenclever glaube auch die Preisträgerin nicht an die Möglichkeit einer Veränderung dieser menschlichen Eigenart. In der Tradition des expressionistischen Hasenclever teile sie auch die Skepsis an der Idee, die komplexe Lebenswirklichkeit des Menschen sei durch das begrenzte Medium Sprache adäquat zu beschreiben. Es sei deshalb auch für ihre Dichtungen typischer, dass Lebenswirklichkeit in ihnen nicht vordergründig simuliert, sondern in ihren vielfältigen Facetten geradezu seziert und mittels ausdrucksstarker Einzelbilder und pointierter Dialoge bzw. Monologe dem Publikum dargeboten wird.