Daniela Krien mit dem Walter-Hasenclever-Literaturpreis ausgezeichnet
- Die Jury würdigte mit der Preisvergabe 2025 das Gesamtwerk der Autorin. Daniela Krien und Walter Hasenclever „treffen sich in ihrem Kampf um die innere und äußere Balance des Menschen.“
- Bei der ergreifenden Preisverleihung im Spiegelfoyer des Theaters Aachen warnt die Preisträgerin vor Aufrüstung und Kriegsrhetorik im aktuellen Diskurs.
- Der Preis wird getragen von der Walter-Hasenclever-Gesellschaft, dem Einhard-Gymnasium - der ehemaligen Schule Hasenclevers –, dem Aachener Buchhandel sowie der Stadt Aachen und ist mit 20.000 Euro dotiert.
Die freie Autorin Daniela Krien wurde am vergangenen Sonntag (21.September) im Theater Aachen mit dem Walter-Hasenclever-Literaturpreis ausgezeichnet. Der Preis wurde im Gedenken an den in Aachen geborenen Schriftsteller Walter Hasenclever gestiftet. Er zeichnet literarische Arbeiten aus, die in der künstlerischen Grundhaltung, durch Themenwahl oder durch literarische Form mit dem Wirken Hasenclevers in Verbindung gebracht werden können.
Festhalten an den Tugenden Gerechtigkeit und Tapferkeit
Mit der Preisvergabe wird das literarische Gesamtwerk der Autorin gewürdigt. „Gesellschaftliche Ankerplätze zerbröseln zusehends, nicht nur in Coronazeiten ertragen viele Menschen nicht mehr den zunehmenden Verlust von Sicherheiten und suchen nach neuem Vertrauen. Krien hält dabei an Tugenden wie Gerechtigkeit und Tapferkeit fest, die für Walter Hasenclever in Zeiten politischer Radikalisierung Maßstab des persönlichen Handelns waren. Die Autorin und der Namensgeber des Preises treffen sich in ihrem Kampf um die innere und äußere Balance des Menschen“, so die Begründung der Jury.
Bei der feierlichen Preisverleihung, erstmals im Spiegelfoyer des Theaters Aachen und musikalisch begleitet von Pianistin Younghee Hwang des Aachener Sinfonieorchesters, konnten die zahlreichen Besucher*innen erkennen, dass die Begründung der Jury sehr zutreffend ausgefallen ist.
Ein Werk im Geiste Walter Hasenclevers
Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen schlug in ihrer Begrüßung direkt den Bogen von Walter Hasenclever – einem Autor, „der nicht nur mit seiner Sprache berührte, sondern mit seinem gesamten Leben und Werk für Haltung, Humanität und Widerstand stand. Ein Pazifist, ein Vordenker, der früh gegen Nationalsozialismus und Militarismus schrieb“ – und Daniela Krien, „eine dieser Stimmen“, die mit ihrem Werk im Geiste Hasenclevers schreiben. „Sie führen das literarische Erbe Hasenclevers auf Ihre ganz eigene Weise fort – als genaue Beobachterin, als poetische Erzählerin und als kluge Chronistin unserer Zeit“, sagte die Oberbürgermeisterin an die Preisträgerin gewandt.
Die Laudatorin, Kulturkritikerin und -redakteurin Anne-Dore Krohn, näherte sich Werk und Wirkung Daniela Kriens in einer sehr persönlichen und tief in die Romaninhalte eintauchenden Rede. Kriens Romane seien „groß und tief, traurig und schön, und obwohl sie Fiktion sind, sind sie wahrer als so manches, was wir für die Realität halten. Ihre Bücher sind Bücher über und für den Ernstfall.“ Krohn bescheinigt der Preisträgerin eine „Kriens beeindruckende ethische Geisteshaltung“, ganz im Erbe Hasenclevers. Es sei oft schwierig, Parallelen zwischen Preisträgern und Namensgebern zu benennen, die Jury habe mit ihren Ausführungen zu Gerechtigkeit und Tapferkeit aber genau den Kern getroffen.
In Ihrer Dankesrede bewies Daniela Krien, dass die zuvor gezogenen Parallelen wirklich treffend gezogen wurden. Nach der Antragung des Preises und der Beschäftigung mit dem Namensgeber hat sich die Autorin gefragt, was Walter Hasenclever im Angesicht der aktuellen Forderungen nach „Aufrüstung, Wehrpflicht und Kriegstüchtigkeit“ wohl reagiert hätte. „Unser Lebensgefühl hat sich in den letzten Jahren geändert. Wir spüren das etwas Fundamentales ins Rutschen gekommen ist“, sagt Krien. „Dauert der Frieden schon zu lange, um seinen Wert zu begreifen?“ Die Preisträgerin sagt, sie könne anhand der aktuellen Kriegsrhetorik nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. „Walter Hasenclever hatte gesehen, was alle im Krieg früher oder später zu Gesicht bekommen. Den Mensch in seiner niedrigsten Gestalt.“
Als geistige Nachfolgerin Hasenclevers zeigte sich Krien als starke Mahnerin für ein Gegengewicht zur aktuell fast alltäglich gewordenen Kriegsrhetorik. Ein bewegender Vormittag mit wichtigen Impulsen und einer würdigen Preisträgerin.
Bisherige Preistragende
In seiner jetzigen Form existiert der Walter-Hasenclever-Preis seit 1996. Bisherige Preisträger waren Peter Rühmkorf (1996), George Tabori (1998), Oskar Pastior (2000), Marlene Streeruwitz (2002), F. C. Delius (2004), Herta Müller (2006), Christoph Hein (2008), Ralf Rothmann (2010), Michael Lentz (2012), Michael Köhlmeier (2014), Jenny Erpenbeck (2016), Robert Menasse (2018), Marica Bodrožić (2020) und Norbert Scheuer (2023).
Der Jury gehörten in diesem Jahr Bettina Baumann (Einhard-Gymnasium), Hilde Scheidt (Bürgermeisterin der Stadt Aachen), Dr. Jan Bürger (Literaturinstitut Marbach), Olaf Müller (Leiter des Kulturbetriebs der Stadt Aachen), Martin Schwoll (Geschäftsführer der Buchhandlung Backhaus), Thomas Thelen (Chefredakteur der Aachener Zeitung) sowie Axel Schneider (Vorsitzender der Walter-Hasenclever-Gesellschaft und der Jury) an. Mit Dr. Bürger gehört dem Kuratorium auch ein Vertreter des Deutschen Literaturarchivs in Marbach an, das den Nachlass Hasenclevers pflegt und sich als Hauptträger am Preis beteiligt. Der Preis ist mit 20.000 Euro dotiert.
Walter Hasenclever wurde am 8. Juli 1890 in Aachen geboren. Er starb am 21. Juni 1940 in einem südfranzösischen Internierungslager. Sein lyrisches Werk sowie sein 1916 uraufgeführtes Drama „Der Sohn“ machten ihn zu einem Exponenten des literarischen Expressionismus. 1917 erhielt er den Kleist-Preis, von 1924 bis 1930 lebte er als Journalist in Paris. Während dieser Zeit verfasste er eine Reihe von Schauspielen. Zeitweise avancierte er zum meist gespielten Dramatiker des deutschen Sprachraumes. 1930 arbeitete Hasenclever als Drehbuchautor Greta Garbos in Hollywood. 1933 wurden seine Werke in Deutschland verboten. Als Regimekritiker auch physisch gefährdet, flüchtete er ins Exil, wo er angesichts der deutschen Kriegserfolge den Freitod wählte.
Daniela Krien, geboren 1975 in Neu-Kaliß, studierte Kulturwissenschaften sowie Kommunikations- und Medienwissenschaften in Leipzig. Seit 2010 ist sie freie Autorin. Ihre Romane „Die Liebe im Ernstfall“ und „Der Brand“ standen monatelang auf der Bestsellerliste und wurden in viele Sprachen übersetzt. Daniela Krien hat zwei Töchter und lebt in Leipzig.
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