Die Stadt Aachen ist mit ihrer Lage in einem Talkessel klimatisch und lufthygienisch gegenüber anderen Städten benachteiligt, was sich z.B. auf das Niveau der Luftschadstoffbelastung negativ auswirkt und zwar zeitweise in hohem und unverträglichem Maße.
Für Gebiete, in denen die Luftschadstoffgrenzwerte der EU-Luftqualitätsrichtlinie überschritten sind oder die Gefahr einer Überschreitung besteht, müssen Luftreinhaltepläne erstellt werden. In diesen werden Maßnahmen zur Minderung der Luftschadstoffbelastung festgelegt. Solange die Wirkung der Maßnahmen nicht zur Einhaltung der Grenzwerte führt, müssen die Pläne fortgeschrieben werden. In Aachen wurde erstmals 2009 ein Luftreinhalteplan erstellt. Zuletzt gab es 2022 einen. Da seitdem die Grenzwerte deutlich eingehalten werden, gibt es aktuell keine Fortschreibung.
Kurgebiete
Besondere Aufmerksamkeit gilt hinsichtlich der lufthygienischen Situation den beiden Aachener Kurgebieten Burtscheid und Monheimsallee. Für diese Gebiete, nördlich und südöstlich der Innenstadt gelegen, gelten gegenüber den allgemeinen EU-Grenzwerten für Feinstaub Stickstoffdioxid erheblich höhere Anforderungen (Kurortegesetz NRW und Qualitätsstandards für die Prädikatisierung von Kurorten), sog. Kurgebietsrichtwerte.
Die Erfüllung dieser kurgebietsspezifischen Anforderungen war lange Zeit insbesondere während austauscharmer Wetterlagen nicht gewährleistet. Aktuelle lufthygienische Untersuchungen aus 2016 in den beiden Kurgebieten zeigen inzwischen, dass auch die besonders strengen Kurgebietsrichtwerte eingehalten werden können.
Hauptemittent in den Kurgebieten selbst und in den nahegelegenen Kurrandbereichen ist heutzutage der motorisierte Straßenverkehr. Mittels grünplanerischer Maßnahmen und einer seit 2010 in Kraft getretenen Festbrennstoff-Verordnung erfolgten deutlichen Verringerung der Hausbrandemissionen konnte auch durch die Umsetzung bereits bekannter Verkehrsreduktionsszenarien für eine nachhaltige Sicherung der Qualität der Kurgebiete gesorgt werden. Damit ist auch eine gebietsweise eine Verringerung überhöhter Lärmimmissionen verbunden.
Luftreinhalteplan 2022
Die Stadt Aachen befindet sich dank klarer Strategie seit Jahren auf einem guten Weg die Luftqualität im Stadtgebiet nachhaltig zu verbessern. Trotz Talkessellage und Dieselabgasskandal, der massive Auswirkungen auf die Luftreinhaltung in den Städten hatte, sind die Belastungswerte bei Feinstaub (PM10) wie auch bei Stickstoffdioxid (NO2) im Trend kontinuierlich gesunken.
Die maßgebenden Grenzwerte für Feinstaub (40 µg/m³ im Jahresmittel und maximal 35 Überschreitungstage mit einem Tagesmittelwert > 50 µg/m³) werden seit vielen Jahren klar eingehalten. Hier hat u.a. auch die 2010 erlassene Aachener Festbrennstoffverordnung einen wichtigen Beitrag geleistet. Die bis 2020 geltende WHO-Empfehlung für PM 10 von 20 µg/m² im Jahresmittel konnte über mehrere Jahre an der Landesmessstation Wilhelmstraße eingehalten bzw. unterschritten werden. Der 2021 an der Wilhelmstraße gemessene Jahresmittelwert beträgt 18 µ/m³. Damit wird die ab September 2021 auf 15 µg/m³ abgesenkte WHO-Empfehlung zwar überschritten, gleichwohl bewegt sich der Wert für eine Großstadt durchaus im akzeptablen Bereich. Unabhängig davon hat die Stadt Aachen im Sinne der Vorsorge für ihre Bevölkerung auch weiterhin die Feinstaubthematik bei der Luftreinhaltestrategie im Blick.
Beim Stickstoffdioxid (NO2) war der Erfolg der Maßnahmen lange Zeit eher verhalten. Auch wenn die Werte kontinuierlich gesunken sind und der Grenzwert an der Landesmessstation Wilhelmstraße – als signifikantem Marker für die verkehrsinduzierten Immissionen - im Jahr 2019 erstmals unter dem geltenden Grenzwert von 40 µg/m³ NO2 lag, waren an einzelnen Belastungsschwerpunkten der stadteigenen Messstellen noch Überschreitungen zu verzeichnen.
Vor diesem Hintergrund und angesichts der seit mehreren Jahren laufenden Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen verschiedene Luftreinhaltepläne (u.a. auch Aachen) wurde der Politik im Herbst 2019 ein mehrstufiges Sofortprogramm vorgelegt. Gezielte Schlüsselmaßnahmen sollen dabei einen wirksamen Beitrag zur weiteren Senkung der NO2-Belastung in Aachen liefern. Im Mittelpunkt des stehen dabei:
- die (weitere) Optimierung der Busflotte durch SCRT-Nachrüstung und vorgezogene Neubeschaffungen (EuroVI und Elektro) (2019),
- die Einführung von Tempo 30 innerhalb des gesamten Alleenrings und auf einem Teilabschnitt der Monheimsallee (2019/2020),
- die Förderung des Radverkehrs durch Ausbau des Radwegenetzes, der Fahrradinfrastruktur sowie Verbesserung des Serviceangebotes,
- die Verbesserung des ÖPNV-Angebotes für Berufspendler und Einkaufsverkehr,
- der Ausbau der Elektromobilität und Feldversuche mit anderen, emissionsarmen Antriebsarten.
Neben den lokalen Maßnahmen haben auch das bundesweit greifende Software-Update und die Rückkaufprämie für Diesel-Pkw zur Senkung der NO2-Schadstoffbelastung beigetragen.
2020 konnte der Grenzwert von 40 µg/m³ NO2 im Jahresmittel erstmals an allen Aachener Messstationen – auch den stadteigenen – unterschritten werden. 2021 waren an einzelnen Punkten weitere Senkungen zu verzeichnen.
Mit der vorliegenden Dritten Fortschreibung des Luftreinhalteplans Aachen, die zum 1. Mai 2022 in Kraft getreten ist, wird das neue Sofortprogramm in den bisherigen, umfangreiche Maßnahmenkatalog der Aachener Luftreinhaltestrategie integriert.