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Das Archival des Monats Oktober 2019…

  • … zeigt eine nach dem Bombenangriff vom 9./10. Juli 1941 ausgebrannte Produktionshalle der Aachener Reifenfabrik Englebert.
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  • Am 21. Oktober kapitulierte Aachen als erste deutsche Großstadt. Weite Teile der Stadt lagen in Schutt und Asche, fast die gesamte Innenstadt musste wiederaufgebaut werden. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch etwa 5.000 Zivilisten in der Stadt.
  • Die Briefwechsel zwischen Theo Schmauser, dem damaligen Technischen Direktor der Reifenfabrik Englebert, seiner Frau und seinem Bruder Herbert geben einen intensiven Einblick in den Aachener Kriegsalltag: sie erzählen von beruflichen und privaten Alltagsproblemen, Ängsten, dem Chaos des Krieges sowie emotionalen und materiellen Nöten.

Das Aachener Stadtarchiv zeigt aus seinen Magazinen regelmäßig interessante Stücke als Archival des Monats. Das Archival mit einem kurzen Begleittext wird entsprechend in einem Schaukasten im Foyer des Stadtarchivs am Reichsweg sowie digital auf der Homepage des Archivs präsentiert. Das Archival des Monats Oktober 2019 zeigt eine nach dem Bombenangriff vom 9./10. Juli 1941 ausgebrannte Produktionshalle der Aachener Reifenfabrik Englebert - aufgenommen vom Technischen Direktor Theo Schmauser.

Aachen ist frei vom Nationalsozialismus
Am Samstag, 21. Oktober 1944, um 12.05 Uhr kapitulierte General Gerhard Wilck, Kommandeur der 246. Volks-Grenadierdivision und letzter Stadtkommandant von Aachen, und ging mit den bei der Verteidigung von Aachen eingesetzten deutschen Soldaten in Kriegsgefangenschaft. Mit seiner Division und anderen deutschen Verbänden hatte er vergeblich versucht, Aachen vor der Eroberung durch US-Einheiten zu verteidigen. Damit hatte die erste deutsche Großstadt kapituliert; Aachen war nun frei vom Nationalsozialismus. Weite Teile der Stadt lagen in Schutt und Asche, fast die gesamte Innenstadt musste wiederaufgebaut werden. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch etwa 5.000 Zivilisten in der Stadt. Anfang September 1944 waren es noch 73.000 gewesen. Zum Vergleich: 1938 lebten 163.000 Menschen in Aachen.

Die Evakuierung stoppte aus praktischen Gründen
Die, die in Aachen geblieben waren, waren aus zweierlei Gründen noch dort: zum einen, weil die am 11./12. September 1944 durchgeführte Zwangsevakuierung der Zivilisten aus der Stadt angesichts der näher rückenden Front und dadurch ausgelöster Panik, auch bei für die Evakuierung verantwortlichen Stellen von NSDAP und Polizei, zusammengebrochen war; zum anderen entzogen sich Aachener auch der Evakuierung, um ihr Eigentum zu schützen. Der Kommandeur der 116. Panzerdivision, General Gerhard Graf von Schwerin, der in diesen Septembertagen den Auftrag hatte, Aachen zu verteidigen, stoppte die Evakuierung aus praktischen Gründen dann endgültig: Die Zivilisten verstopften nämlich die Marschstraßen seiner Soldaten.

Die Schlacht um Aachen begann in der zweiten Septemberwoche 1944 und sollte mehr als fünf Wochen dauern. Um Aachen wurde heftig gekämpft; Panzer und schwere Artillerie wurden eingesetzt, es kam zu blutigen Kämpfen von Straßenzug zu Straßenzug und von Haus zu Haus. Deutsche und alliierte Soldaten, aber auch Zivilisten starben, nicht zuletzt auch bei Luftangriffen. Bereits in den Jahren zuvor war Aachen durch alliierte Luftangriffe immer wieder schwer getroffen worden.

Luftangriffe auf Aachen
Der erste Luftangriff auf Aachen fand schon kurz nach Beginn der Kampfhandlungen gegen Frankreich am 12. Mai 1940 statt, ein Mensch starb. Von nun an trafen immer wieder Luftangriffe die Stadt. Bei 64 kleineren und fünf großen Angriffen in der Zeit vom 12. Mai 1940 bis zum 12. September 1944 starben insgesamt 2.364 Personen, über 2.000 wurden verletzt. Der erste große Luftangriff traf Aachen am 9./10. Juli 1941. Vor allem Produktionsstätten wurden in dieser Nacht von 30 Bombern angegriffen, 60 Menschen starben.

Englebert produzierte Fahrrad- und Autoreifen
Eines der Ziele, die an diesem Tag getroffen wurden, war die Aachener Reifenfabrik Englebert. Die Fabrik, die zum belgischen Englebert-Konzern mit Sitz in Lüttich gehörte, war seit 1930 in der Hüttenstraße angesiedelt, auf dem ehemaligen Hüttengelände Rothe Erde. Englebert produzierte unter anderem Fahrrad- und Autoreifen und war ein wichtiger Lieferant für die deutsche Kriegswirtschaft. Im Jahr 1939 umfasste die Belegschaft 970 Mitarbeiter, während des Krieges arbeiteten hier phasenweise zwischen 300 und 400 - vor allem sowjetische, polnische und italienische - Zwangsarbeiter gleichzeitig, die auf dem Gelände in Baracken wohnten. Geleitet wurde das Werk zu dieser Zeit durch den Technischen Direktor Theo R. Schmauser.

Kriegsalltag aus der Sicht eines Aachener Managers
Schmauser, 1906 im fränkischen Schwabach als Sohn eines Nadelfabrikanten geboren, hatte von 1927 bis 1931 in den USA gelebt und gearbeitet und unter anderem zwei Jahre bei Cadillac erste Erfahrungen in der Automobilbranche gesammelt. Im Jahr 1931 trat er in die Dienste von Englebert; er leitete das Werk ab 1941. Auch während der Schlacht um Aachen blieb er in der Stadt, seine Frau Elisabeth und die drei Kinder hatte er nach Ouren, heute belgische Eifel, evakuiert. Aus dieser Zeit existieren umfangreiche Briefwechsel zwischen Theo Schmauser, seiner Frau und seinem Bruder Herbert, der in Schwabach lebte. Die Briefe geben einen intensiven Einblick in den Aachener Kriegsalltag aus der Sicht eines Aachener Managers; sie erzählen von beruflichen und privaten Alltagsproblemen, Ängsten, dem Chaos des Krieges sowie emotionalen und materiellen Nöten.

Briefserie erscheint als Buch
Große Teile dieser Briefserie erscheinen nun zum 75. Jahrestag des Kriegsendes in Band 3 der Reihe „Aus den Quellen des Stadtarchivs Aachen“. Die Briefe werden von Dirk Schmauser, dem jüngsten Sohn Theo Schmausers, in einer Text-Collage zusammengefügt und kommentiert. Eine historische Einleitung sowie Gedichte Theo Schmausers und Abbildungen von Farb-Dias, fotografiert von Theo Schmauser, ergänzen die Quellenedition. Sowohl die Briefe als auch die Farb-Dias befinden sich als Nachlässe von Theo Schmauser im Stadtarchiv Aachen und sind bislang unveröffentlicht und der Öffentlichkeit unbekannt.