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Juni 2017

Früher Schund – heute archivwürdig!

  • Ab sofort präsentiert das Stadtarchiv im Lesesaal Comics zu geschichtlichen Themen.
  • Comic-Schundverbrennungen gab es Ende der 50er auch in Aachen.
  • Willi Blöß, preisgekrönter Aachener Comic-Autor, ist mit Comic-Sagen zur Aachener Geschichte Wegbereiter auf diesem Gebiet.

© Stadt Aachen / Nadine Jungblut
Präsentieren eine Auswahl der Comics, die das Stadtarchiv jetzt im Lesesaal anbietet: Stadtarchivleiter Dr. René Rohrkamp, der Aachener Comic-Zeichner Willi Blöß und Friederike Tiedeken, Bibliothekarin (v.l.). © Stadt Aachen/Nadine Jungblut

Das Aachener Stadtarchiv zeigt aus seinen Magazinen regelmäßig interessante Stücke als Archivalie des Monats. In diesem Monat geht es zwar inhaltlich wieder in die Vergangenheit – optisch bewegen wir uns jedoch in der Neuzeit! Denn ab sofort präsentiert das Stadtarchiv im Lesesaal Comics zu geschichtlichen Themen.

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts und besonders in der Weimarer Republik entbrannten Diskussionen, wie man die Jugend vor „Volksverhetzung, Kitsch, Schund- und Schmutzschriften“ schützen könnte und inwieweit der Staat hierbei regulierend tätig werden sollte. 1926 wurde das „Gesetz zur Bewahrung der Jugend vor Schund- und Schmutzschriften“ erlassen und 1935 von den Nationalsozialisten wieder aufgehoben. Unter ihrer Führung wurden Listen von Büchern erstellt, die weder ausgeliehen noch Jugendlichen zugänglich gemacht werden durften. Sie lagen den Bücherverbrennungen der NS-Zeit zugrunde.

Comic-Verbrennung auch in Aachen
In der Bundesrepublik Deutschland wurde am 9. Juni 1953 das „Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften“ erlassen. Die ein Jahr später eingerichtete und bis heute existierende Prüfstelle setzte als einen der ersten Titel die Superman-Comics auf den Index. In den 50er- und 60er-Jahren hielten in deutschen Kinderzimmern die Comics weiter Einzug. Da es noch kaum deutsche Zeichner gab, waren fast ausschließlich amerikanische Produkte auf dem Markt, denen Lehrer und Eltern äußerst skeptisch gegenüber standen. So konnten Schüler bei Abgabe ihrer Comics im Tausch „gute“ Kinderbücher kostenlos erhalten. Nicht selten wurden die auf diesem Weg eingesammelten Comics öffentlich verbrannt. Eine solche „Schundverbrennung“ in einem Martinsfeuer auf dem Hof einer Grundschule fand am 11. November 1958 in Aachen statt.

Stadtgeschichte in Comic-Form
Heute sind Comics in Deutschland als Literaturform anerkannt. Veranstaltungen wie die Comiciade in Aachen würdigen das Genre. Auch Stadtgeschichte lässt sich sehr gut als Comic darstellen. Willi Blöß, preisgekrönter Aachener Comicautor, hat mit seinem Comic zur Stadtgeschichte und den Comic-Sagen zur Aachener Geschichte in den 1990er-Jahren den Weg bereitet, den heute Barki und Karl der Kleine mit ihrem Zeichner Alfred Neuwald weiter gehen.

Historische Comics: ab sofort im Stadtarchiv
Das Stadtarchiv präsentiert im Lesesaal in einer neuen Abteilung seiner Bibliothek von nun an für alle Interessierten nicht nur Lokalgeschichte als Comic, sondern bietet für unterschiedliche Leserkreise einen Querschnitt durch die Jahrhunderte deutscher Geschichte: von der Revolution 1848 über die Weltkriege mit Holocaust und Widerstand bis zur Nachkriegsgeschichte mit Teilung, Flucht und Wiedervereinigung. Auch die Gegenwart mit ihren Geschichten um Flucht, Fluchtwege und -ursachen ist in der Comicsammlung des Stadtarchivs vertreten.

© Stadt Aachen / Nadine Jungblut
Auch Stadtgeschichte lässt sich als Comic darstellen. Ausgaben von Willi Blöß, preisgekrönter Aachener Comicautor, der mit seinen historischen Comics in den 90ern den Weg bereitete, sind ab sofort im Stadtarchiv zu finden. © Stadt Aachen/Nadine Jungblut