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November 2016

  • Wilhem Farwick wurde am 22. September 1916 zum Aachener Oberbürgermeister gewählt.
  • Wunschkandidat in Aachen war jedoch Kölns Erster Beigeordneter Konrad Adenauer.
  • Während der alliierten Besetzung des Rheinlandes geriet Farwick mehrfach in Konflikt mit den belgischen Besatzungsbehörden.

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Präsentieren die Archivalie des Monats November: Archivar Matthias Senk, Stadtarchivs-Leiter Dr. René Rohrkamp und  Georg Helg, stellvertretender Vorsitzender des Rathausvereins (v.l.). © Stadt Aachen/Nadine Jungblut

Am 24. November 1916, mitten im Ersten Weltkrieg, trat der Zentrumspolitiker Wilhelm Farwick seinen Dienst als neuer Bürgermeister der Stadt Aachen an. Die Archivalie des Monats stammt aus seiner Personalakte und zeigt das Schreiben, in dem Farwick am folgenden Tag die Annahme der Wahl bestätigt. Im Januar 1917 wurde ihm durch Kaiser Wilhelm II. zusätzlich der Titel „Oberbürgermeister“ verliehen

Farwick, Jahrgang 1863, wurde 1894 nach einem Jurastudium Bürgermeister von Steele an der Ruhr (heute Stadtteil von Essen), vier Jahre später Zweiter Bürgermeister der Stadt Münster, bevor er 1906 als Erster Beigeordneter zur Stadt Köln wechselte. 1909 schied er freiwillig aus dem Dienst aus, um als Direktor die Leitung des A. Schaaffhausen‘schen Bankvereins, einer der führenden Privatbanken im Rheinland, zu übernehmen.

Stadt schrieb die Stelle auf öffentlichen Druck aus
Am 13. Februar 1916 starb unerwartet der Aachener Bürgermeister Philipp Veltmann. In der durch die Kriegswirtschaft finanziell stark geschwächten Stadt bemühte man sich, die Stelle schnell mit einem kompetenten Mann neu zu besetzen, doch die Kandidatenfindung gestaltete sich schwierig. Der Wunschkandidat der im Stadtrat dominierenden Zentrumspartei war Kölns Erster Beigeordneter Konrad Adenauer. Nach monatelangem Zögern sagte Adenauer schließlich ab, weil er sich Hoffnungen auf das Kölner Oberbürgermeisteramt machte. Ende Juli schrieb die Stadt die Stelle auf öffentlichen Druck hin schließlich aus; 34 Bewerbungen aus ganz Deutschland gingen in der Folge ein.

Doch die Zentrumspartei wollte keinen dieser Bewerber wählen, sondern wandte sich parallel an Adenauers Vorgänger in Köln, Bankdirektor Farwick. Dieser sagte zu und wurde schließlich am 22. September einstimmig für zwölf Jahre Amtszeit gewählt. Die Aachener Tageszeitung Echo der Gegenwart schrieb in einer Sonderausgabe, Farwick sei „ein auf der Höhe seiner Schaffenskraft stehender Mann“ und pries seine ausgewiesenen Kenntnisse im Verwaltungswesen.

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Die Personalakte, in der Wilhelm Farwick die Wahl zum Bürgermeister der Stadt Aachen annimmt. © Stadtarchiv Aachen

Farwick wurde mit mehreren Beigeordneten aus der Stadt ausgewiesen
In Farwicks Amtszeit fiel das Ende des Ersten Weltkriegs mit tiefen Umbrüchen in Politik und Gesellschaft. Während der folgenden alliierten Besetzung des Rheinlandes (1919-1930) geriet er mehrfach in Konflikt mit den belgischen Besatzungsbehörden. Im Mai 1923 wurde er von einem Kriegsgericht zu einem Monat Haft und einer Million Mark Strafzahlung verurteilt, weil er sich geweigert hatte, einen Befehl zur Beschlagnahmung von Mobiliar für belgische Zollbeamte auszuführen (die Haftstrafe wurde in einem Berufungsverfahren erlassen). Ende Juli 1923 wurde er zusammen mit mehreren Beigeordneten aus der Stadt ausgewiesen und konnte seine Amtsgeschäfte in Aachen erst am 29. April 1924 wieder aufnehmen. Seine Amtszeit als Oberbürgermeister endete am 1. Oktober 1928.

Farwick war seit 1916 Mitglied des preußischen Herrenhauses sowie 1919/20 Mitglied der Verfassungsgebenden Nationalversammlung und der Landesversammlung Preußens. Nach seinem Ausscheiden als Oberbürgermeister wurde er von 1928 bis1932 Mitglied des Preußischen Landtages.  Wilhelm Farwick starb am 27. Oktober 1941 im Alter von 78 Jahren. Die Stadt Aachen benannte später die während seiner Amtszeit gestaltete Norderweiterung des Stadtgartens nach ihm.

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Portrait des ehemaligen Stadtoberhauptes. © Stadtarchiv Aachen